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Veröffentlicht am 09.05.2019

Life-Sciences Experte Dr. Stephan Neuhaus im Interview

Die Koordinierung von parallelen Gerichtsverfahren in den wichtigsten europĂ€ischen Staaten gehört ebenso zu seinem TĂ€tigkeitsfeld wie das FĂŒhren von Hauptsache-, einstweiligen VerfĂŒgungs- und Besichtigungsverfahren vor den deutschen Land- und Oberlandesgerichten: Dr. Stephan Neuhaus berĂ€t zu sĂ€mtlichen Fragen des Patentrechts und der technischen Schutzrechte. Er hat langjĂ€hrige Erfahrung mit allen Arten von Patentstreitverfahren fĂŒr internationale und nationale Mandanten, insbesondere aus der pharmazeutischen Industrie, dem Bereich Life Sciences und der Chemie. Stephan studierte Rechtswissenschaften mit wirtschaftswissenschaftlicher Zusatzausbildung in Bayreuth und absolvierte sein Rechtsreferendariat am Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

1. Stephan, seit wann bist Du bei Hogan Lovells und warum hast Du Dich genau fĂŒr diese Kanzlei entschieden?
Ich habe 2011, nach Abschluss meines Referendariats, bei Hogan Lovells begonnen. Meine Leidenschaft fĂŒr das Recht des geistigen Eigentums wurde bereits im Studium geweckt. Nachdem ich auch in diesem Bereich promoviert hatte lag mir eine TĂ€tigkeit im sog. "GrĂŒnen Bereich" sehr am Herzen. Hogan Lovells genießt im Bereich IP einen hervorragenden Ruf und belegt seit Jahren SpitzenplĂ€tze in den einschlĂ€gigen Rankings. So war die Kanzlei meine erste Wahl.

 

2. Seit Beginn dieses Jahres bist Du nun auch Partner bei Hogan Lovells. Hand aufs Herz: Wie war der Weg bis hin in die Partnerschaft einer fĂŒhrenden Wirtschaftskanzlei?
Der Weg zur Partnerschaft ist sicher nicht kurz und stellt einige Anforderungen. Ein "Patentrezept", wie man Partner wird, gibt es leider nicht. Juristische Exzellenz ist dafĂŒr eine notwendige aber nicht hinreichende Bedingung. Die Kanzlei legt sehr viel Wert auf eine frĂŒhe Entwicklung der Associates auch im Bereich des unternehmerischen Denkens und dem Aufbau von Beziehungen zu Mandanten. Dabei gibt es auch institutionalisierte UnterstĂŒtzung durch Programme wie "Base" und die "People Development Academy". Auch die interne Vernetzung mit den Kollegen aus dem "eigenen Jahrgang" sowie international in der Praxisgruppe ist wichtig beim Aufbau eines eigenen "Business Case". Ansonsten gilt es, Einsatz und Verantwortungsbewusstsein zu zeigen und sich auch ĂŒber die eigentliche Mandatsarbeit hinaus zu engagieren. Das alles ist natĂŒrlich mit viel Arbeit verbunden, macht aber gerade in dem sehr kollegialen und kooperativen Kanzleiumfeld sehr viel Spaß. Es versteht sich von selbst, dass in einer internationalen Großkanzlei wie Hogan Lovells nicht jeder Partner werden kann (ja vielleicht auch gar nicht werden will). Wir wachsen aber kontinuierlich mit Partnerernennungen aus den eigenen Reihen, so dass ich persönlich die Chancen, bei Hogan Lovells Partner zu werden, als ĂŒberdurchschnittlich im Vergleich zu unseren Wettbewerbern einschĂ€tze.


3. Du berÀtst zahlreiche Mandanten aus unterschiedlichen Branchen. Gibt es trotzdem ein typisches Mandat im Bereich Patentrecht?

In erster Linie fĂŒhre ich Patentstreitigkeiten und berate bei der strategischen Planung der europaweiten Durchsetzung von technischen Schutzrechten, die ich zusammen mit meinem Team koordiniere.
"Typisch" ist ein Mandat im Grunde nur in Hinblick auf die prozessuale Durchsetzung. Die meisten meiner Mandanten sind Patentinhaber d.h. ich setze ihre Patentrechte vor den einschlĂ€gigen Land- und Oberlandesgerichten in Deutschland durch und begleite Revisionsverfahren beim Bundesgerichtshof (BGH). Im Patentprozess ist eine ĂŒbliche Verteidigungsstrategie des Beklagten auch der Angriff auf den Rechtsbestand des Patents, der in einem gesonderten Rechtszug (1. Instanz: Bun-despatentgericht, 2. Instanz: BGH) ausgefochten wird. Hier verteidige ich die Schutzrechte unserer Mandanten. Dabei arbeite ich eng mit PatentanwĂ€lten zusammen. PatentanwĂ€lte - anders als wir RechtsanwĂ€lte im Patentrecht - sind Naturwissenschaftler die, oft nach einer TĂ€tigkeit in der Industrie, zusĂ€tzlich eine Ausbildung zum Patentanwalt abgeschlossen haben. Ein "Bonus" fĂŒr uns als Patentrechtler ist, dass wir im Rechtsbestandsverfahren auch vor dem BGH postulationsfĂ€hig sind, weil der BGH hier als letzte Instanz Berufungsgericht ist. Im Verletzungsverfahren dagegen ist die Vertretung durch einen BGH-Anwalt vorgeschrieben!
Ein typisches Mandat könnte also so aussehen, dass ein Industrieunternehmen sich an uns wendet und gegen die Verletzung eines seiner Patente durch das Produkt eines Wettbewerbers vorgehen möchte.
Es gilt dann zunĂ€chst, die technische Lehre des Patents zu verstehen und den Verletzungssachverhalt zu ermitteln: ErfĂŒllt die angebliche Verletzungshandlung tatsĂ€chlich den Tatbestand einer Patentverletzung? Dabei stimmen wir uns eng im Team, mit der Mandantin und den dort beschĂ€ftigten Wissenschaftlern sowie den PatentanwĂ€lten ab. HĂ€ufig arbeiten wir auch mit renommierten Professoren aus dem jeweiligen technischen Gebiet zusammen.
Kommt man zu dem Schluss, dass eine Verletzung vorliegt und sind außergerichtliche Versuche der Streitbeilegung erfolglos, wird Klage erhoben oder - in meiner Praxis sehr hĂ€ufig - zunĂ€chst Antrag auf Erlass einer einstweiligen VerfĂŒgung gestellt.
Im Erfolgsfall gehört auch die Vollstreckung der Entscheidung zu unseren Aufgaben.
Was die Mandate inhaltlich angeht, ist jedes Mandat verschieden und bietet seine eigenen rechtlichen und technischen Herausforderungen.


4. Wie sieht denn ein typischer Arbeitstag als Patentrechtler bei Hogan Lovells aus (sofern es so etwas gibt)?

Ein typischer Arbeitsalltag ist nur schwer zu beschreiben. Morgens steht zunĂ€chst die Durchsicht der E-Mail-Korrespondenz auf dem Programm. Ein sehr großer Teil der Kommunikation mit Mandanten und Kollegen in anderen LĂ€ndern, mit denen wir viel in großen europaweiten Prozessserien zusammenarbeiten, lĂ€uft heute ĂŒber E-Mail. Je nach Fall gibt es aber auch mehr oder weniger regelmĂ€ĂŸige Telefonkonferenzen, die vorbereitet werden wollen. Da wir viele internationale Mandanten vertreten (nur eine kleine Zahl meiner Mandanten sitzt tatsĂ€chlich in Deutschland) hĂ€ngt es davon ab, ob die Telefonkonferenzen eher morgens (mit Mandanten in Asien) oder Nachmittags (mit Mandanten aus den USA) stattfinden. Ansonsten steht natĂŒrlich die Arbeit am Fall im Vordergrund, d.h. es mĂŒssen z.B. SchriftsĂ€tze entworfen und Rechtsfragen recherchiert werden. Zwischendurch steht auch immer das GesprĂ€ch mit den Kollegen an - auch ĂŒber Privates. Mittags trifft sich die IP-Gruppe meist zum gemeinsamen Mittagessen in der Cafeteria im Haus und bei gutem Wetter machen wir hĂ€ufig hinterher noch einen Spaziergang zum Rhein, wĂ€hrend andere eine kurze Auszeit am Tisch-Kicker der Kanzlei vorziehen.

 

5. Welche Aspekte Deines Jobs sind besonders spannend? Und warum?
Die TĂ€tigkeit im Patentrecht macht ungemein Spaß, vor allem weil es nie langweilig wird. Jeder Fall ist anders, erfordert Teamarbeit und die Einarbeitung in ein neues technisches Problem. Dabei ist der Austausch mit den PatentanwĂ€lten und Wissenschaftlern besonders bereichernd, nicht zuletzt weil Juristen und Naturwissenschaftler zum Teil ganz unterschiedliche Sichtweisen haben.
Auch rechtlich haben wir es hÀufig mit Fragen zu tun, die bislang nicht beantwortet wurden. Man hat so auch die Möglichkeit, zur Rechtsfortbildung beizutragen.
Besonders spannend ist das PlĂ€doyer in der mĂŒndlichen Verhandlung; es ist immer wieder toll, die eigene Robe ĂŒberzustreifen, dem Gericht den Sachverhalt möglichst verstĂ€ndlich darzustellen und fĂŒr die eigene Position im wahrsten Sinne des Wortes zu streiten.


6. Du bist im IPMT-Team (Intellectual Property, Media & Technology) von Hogan Lovells tĂ€tig und aktuell sucht Ihr u.a. auch Berufseinsteiger zur weiteren UnterstĂŒtzung. Welche Kompetenzen sollte ein Nachwuchsjurist (m/w/d) unbedingt mitbringen, der in Eurem Team arbeiten möchte?

Neben hervorragenden Noten, die eine gute juristische Ausbildung belegen, erwarten wir im Patentrecht vor allem ein Interesse daran, zu verstehen wie Dinge funktionieren und keine Scheu, sich in technische/naturwissenschaftliche Fragestellungen einzuarbeiten. Patentrechtliche Vorkenntnisse, die zum Beispiel im Rahmen einer Referendarstation bei uns erworben wurden, sind natĂŒrlich von Vorteil aber keinesfalls Voraussetzung. Unsere Arbeit besteht letztlich darin, dem Richter, der wesentlich weniger Zeit als wir hat, sich mit der Sache zu beschĂ€ftigen, schwierige Sachverhalte verstĂ€ndlich zu vermitteln und ihn von unserer Position zu ĂŒberzeugen. DafĂŒr ist gutes Ausdrucksvermögen vonnöten. Schließlich muss auch die "Chemie" zwischen dem Bewerber und uns stimmen, denn eine gute ArbeitsatmosphĂ€re im Team und der Gruppe steht fĂŒr uns ganz oben.

 

7. Welche drei Begriffe assoziierst Du mit Hogan Lovells?
International, innovativ und kollegial

 

Stephan, vielen Dank fĂŒr das GesprĂ€ch!