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Veröffentlicht am 05.10.2017

Lo Hei! Wahlstation bei Baker McKenzie.Wong & Leow in Singapur

Max Oehm absolvierte seine Wahlstation von Januar bis MĂ€rz 2016 im BĂŒro von Baker McKenzie.Wong & Leow in Singapur. Zuvor war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Praxisgruppe Dispute Resolution im Frankfurter und Berliner BĂŒro der Kanzlei tĂ€tig. Von 2014 bis 2016 war er Mentee des Career Mentorship Programme. Im September 2016 startete er als Associate in der Dispute Resolution Gruppe unseres Frankfurter BĂŒros.

Von Januar bis MĂ€rz 2016 absolvierte ich meine Wahlstation bei Baker McKenzie. Wong & Leow, wie die Kanzlei in Singapur heißt. Wong & Leow ist eine Singapurer Kanzlei, die ein so genanntes „Joint Law Venture“ mit Baker McKenzie eingegangen ist – eine Voraussetzung, dass eine internationale Kanzlei in Singapur tĂ€tig sein kann. Bereits meine Anwaltsstation hatte ich in der Dispute Resolution Gruppe von Baker McKenzie in Frankfurt verbracht. Dort sprach ich meinen Mentor Jörg Risse auf die Wahlstation an und teilte ihm meinen Wunsch mit, Asien kennenlernen zu wollen. Er schlug mir Hong Kong oder Singapur vor, weil die Schiedsrechtspraxis an diesen Standorten in Asien am ausgeprĂ€gtesten sei. Ich entschied mich fĂŒr Singapur und habe diese Entscheidung keine Sekunde bereut.

Bei dieser Hitze soll ich arbeiten?!
In Singapur angekommen war das erste, was ich wahrnahm, die Hitze. Singapur liegt 137 km nördlich des Äquators und damit mitten in den Tropen. Es ist das ganze Jahr ĂŒber heiß und die Luftfeuchtigkeit machte es unmöglich, lĂ€ngere Zeit am StĂŒck unterwegs zu sein, ohne zwischendurch AbkĂŒhlung in klimatisierten RĂ€umen zu suchen. Sorgen machte ich mir dabei, wie das bloß bei der Arbeit in voller Anzugsmontur werden wĂŒrde. An meinem ersten Tag auf dem Weg ins BĂŒro stellte ich jedoch fest, dass sich die Hitze leicht umgehen lĂ€sst. Denn ĂŒberall sind Klimaanlagen. Im BĂŒro hatte ich natĂŒrlich damit gerechnet, aber tatsĂ€chlich war auch der Weg zur Arbeit so gut wie vollstĂ€ndig klimatisiert. Ich musste nur zwei Minuten von meiner Wohnung zur nĂ€chsten MRT-Station (MRT ist die AbkĂŒrzung fĂŒr den Singapurer Nahverkehr) durch die Hitze laufen. Dort angekommen, brauchte ich bis zu meinem Arbeitsplatz nicht wieder nach draußen, sondern kam unterirdisch bis ins BĂŒro. Die Klimaanlagen fĂŒhrten jedoch dazu, dass ich mich, wie fast jeder europĂ€ische Neuankömmling, innerhalb der ersten zwei Wochen erkĂ€ltete.

I am an alien, I am a legal alien 
 in Singapur
Das Singapurer BĂŒro liegt im Zentrum mit Aussicht auf das berĂŒhmte Marina Bay Sands Hotel und seinen Infinity Pool. Auch hier arbeitete ich im Dispute Resolution Team rund um Chan Leng Sun, aktueller Global Head of International Arbitration der Kanzlei. Seit langer Zeit war ich der erste deutsche Referendar im Singapurer BĂŒro, daher fiel meine Einordnung ein wenig schwer. Ein Dr./-LL.M. als Praktikant? Ein Associate-ATP fĂŒr nur drei Monate? In den ersten Wochen erklĂ€rte ich immer wieder, was genau ich eigentlich in Singapur machte.

Bei meiner tĂ€glichen Arbeit half mir meine deutsche Juristenausbildung. Als ehemalige britische Kolonie ist das Singapurer Recht stark durch das englische Recht geprĂ€gt und der Stadtstaat somit ein â€šCommon Law‘ Staat. Nichtsdestotrotz kam es oft vor, dass Kollegen mich bei rechtlichen Fragen aller Art um meine Meinung aus deutscher ‚Civil Law‘-Perspektive baten. Es war zwar nie deutsches Recht anwendbar, doch es kam den Kollegen auf die systematische Herangehensweise an, mit der deutsche Juristen Probleme analysieren. Besonders reizvoll war es fĂŒr mich, in das mir fremde Singapurer Recht einzutauchen.

AuffĂ€llig anders als in Deutschland erlebte ich das Arbeitsklima. Zum einen gibt es in Singapur im BĂŒro kein förmliches ‚Sie‘. Jeder spricht sich von Anfang an mit Vornamen an, vom Partner bis zum Praktikanten. Zum anderen ist die Arbeit im GroßraumbĂŒro auch in Anwaltskanzleien in Singapur der Normalfall. Nur Partner haben eigene BĂŒros, Associates teilen sich ihre BĂŒros zu zweit oder gar zu dritt. Als Mitarbeiter auf Zeit saß ich im ‚Open Space‘ zusammen mit anderen Trainees, Praktikanten und Assistenten. Das fĂŒhrt automatisch zu einem offeneren, aber auch lauteren Arbeitsklima als in deutschen Kanzleien. Richtig laut wurde es jedoch nur, wenn die Kanzleiband ‚The Unbillables‘ in der Mittagspause im Raum neben meinem Arbeitsplatz probte.

Wie spÀt ist es in Europa?
Bei der Arbeit in Singapur sticht besonders die InternationalitĂ€t hervor. Singapur ist zwar nur ein kleiner Stadtstaat, aber wirtschaftlich ein Leuchtturm in der Region. Unternehmen aus aller Welt sind in Singapur vertreten und auch die Arbeit als Anwalt ist international. Ich arbeitete intensiv an einem internationalen Schiedsverfahren mit, bei dem die Parteien, die Schiedsrichter und die AnwĂ€lte ĂŒber Asien und Europa verteilt waren. Unser Mandant in dem Verfahren saß in Europa, was zu einer besonderen Gestaltung des Arbeitstages fĂŒhrte: WĂ€hrend die Vormittage meist ruhig verliefen, begann die hektische Arbeit ab etwa 16 Uhr, also 9 Uhr in Europa, wenn die Mandanten ins BĂŒro kamen. Dann hieß es hĂ€ufig Telefonkonferenz um 17 Uhr und es folgten Arbeitsschritte bis spĂ€t in die Nacht.

NatĂŒrlich zeichnet sich die Kanzlei durch ihre internationale Ausrichtung aus – wenn auch in Singapur der gesamte Rechtsmarkt international ausgerichtet ist. Im Januar 2015 grĂŒndete Singapur den so genannten â€œSinagpore International Commercial Court (SICC)“, eine an die staatlichen Gerichte angegliederte besondere Spruchkammer, die Parteien von internationalen VertrĂ€gen als Gericht wĂ€hlen können. Das Besondere an dem SICC: Die Parteien mĂŒssen sich auf das Gericht, wie auf ein Schiedsgericht, einigen und auch Richter außerhalb Singapurs entscheiden. Anders als bei einem Schiedsgericht ist der SICC jedoch ein staatliches Gericht, dessen Verfahrensregeln feststehen und bei dem die Parteien sich ihre Richter nicht aussuchen können.

Chilli Crab, Chicken Rice und Kopi-O Kosong
Neben der Arbeit habe ich Singapur und die Region erkundet. Dabei beeindruckte mich vor allem die regionale KĂŒche. Singapur ist ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturen. Egal, wen ich in Singapur fragte, was Singapur seiner Meinung nach auszeichnet, ich bekam immer die gleiche Antwort: das abwechslungsreiche und einzigartige Essensangebot. Neben authentischen indischen, chinesischen oder malaysischen Gerichten haben sich auch echte Singapurer Gerichte entwickelt, zum Beispiel Chilli Crab oder Chicken Rice. Das beste Essen bekommt man in den “Hawker Centers“, was hĂ€ufig nichts anderes sind als EssenstĂ€nde an der Straße. Auch die Kaffee- und Teekultur ist in Singapur ausgeprĂ€gt. Die Schlangen an den lokalen Shops waren bereits morgens lang und am Nachmittag wartete man gerne mal 20 Minuten. Die Kollegen im BĂŒro brachten mir bei, meinen Kaffee auf Singlish, dem Singapurer Englischdialekt, zu bestellen. Auf Singlish heißt Kaffee Kopi. Und weil der lokale Kaffee meist mit Zucker und Kondensmilch getrunken wird, bestellte ich meinen Kaffee „O Kosong“, also schwarz und ohne Zucker. Mit den Worten „One Kopi-O Kosong, please“ begannen fĂŒr mich die meisten Tage.

Yusheng – Lo Hei!
Das Highlight meiner Zeit in Singapur war das chinesische Neujahrsfest. Wegen des hohen chinesischen Bevölkerungsanteils wird Chinese New Year auch in Singapur groß gefeiert, selbst im BĂŒro. Unter anderem ging der Managing Partner durch das gesamte BĂŒro und ĂŒberreichte jedem Mitarbeiter persönlich zwei Orangen, ein traditionelles Neujahrsgeschenk, wobei die Orangen fĂŒr GlĂŒck und Erfolg stehen. Außerdem fand am letzten Tag des Chinese New Year in einem nahegelegen Hotel ein Lunch fĂŒr die gesamte Kanzlei statt. Hierbei zelebrierten wir auch die typischste Tradition, den Yusheng Salad Toss. Dabei wird ein spezieller Salat von allen am Tisch mit StĂ€bchen in die Höhe geworfen und die Worte “Lo Hei“ gerufen, was Erfolg bedeutet. Je höher der Salat geworfen wird, desto mehr Erfolg wird man im nĂ€chsten Jahr haben, so die Tradition.

ZurĂŒck in Deutschland – Back to the Future
Singapur ist eine aufregende Stadt, in der man viel erleben kann. Aus meiner Zeit dort nehme ich sehr vieles mit: Vor allem war es eine unschĂ€tzbare Erfahrung, im englischsprachigen Common Law System zu arbeiten. Ich konnte sowohl beruflich als auch privat viele Kontakte knĂŒpfen und Erfahrungen sammeln. Auf diese werde ich sicherlich als Anwalt des Dispute Resolution Teams zurĂŒckgreifen können.