Veröffentlicht am 01.12.2020
âDas Schöne an meiner Arbeit: Sie ist unglaublich vielfĂ€ltigâ - Das Interview mit Jana Fischer
Frau Fischer, wie muss man sich Ihre Arbeit in der Praxisgruppe Tax vorstellen, wo liegen die tÀglichen Herausforderungen
Das Schöne an meiner Arbeit: Sie ist unglaublich vielfĂ€ltig und die Sachverhalte, mit denen ich mich tĂ€glich beschĂ€ftige, sehr komplex. So wird es nie langweilig oder routiniert. Jeder Fall ist anders und berĂŒhrt neben dem Steuerrecht die unterschiedlichsten Rechtsgebiete. Wenn ich beispielweise einen Mandanten aus dem Pharmabereich bei BetriebsprĂŒfungen unterstĂŒtze, tangiert dies wiederum hĂ€ufig Themen des Patentrechts, bei denen ich mir die UnterstĂŒtzung der jeweiligen Kollegen hole, um die steuerrechtlichen Fragen beantworten zu können
Oft gibt es auch Ăberschneidungen mit dem IT-Recht, dem Arbeitsrecht und dem Gesellschaftsrecht, unter anderem bei grenzĂŒberschreitenden Transaktionen. So bestimmt z.B. das Steuerrecht hĂ€ufig, wie gesellschaftsrechtliche Strukturen letztlich umgesetzt werden. Dass die unterschiedlichen Bereiche mit dem Steuerrecht sozusagen Hand in Hand gehen, macht die Arbeit im Tax Bereich extrem abwechslungsreich, da man permanent ĂŒber den Tellerrand des eigenen Rechtsgebiets schaut.
Die Highlights Ihrer Beratungspraxis?
Mein gröĂtes Highlight war die Einholung einer verbindlichen Auskunft zur Verschmelzung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, kurz KGaA. Das klingt vielleicht auf den ersten Blick fĂŒr den ein oder anderen eher trocken â doch ganz das Gegenteil war der Fall. Zum Hintergrund ist zu erwĂ€hnen, dass die steuerrechtliche Behandlung der Verschmelzung einer KGaA nicht gesetzlich geregelt ist und steuerneutral stattfinden sollte. Zum damaligen Zeitpunkt, im Jahr 2016, war ich Associate. Mein Mentor hatte groĂes Vertrauen in mich und ĂŒbertrug mir die Verantwortung, die Verhandlungen mit dem Finanzamt alleine zu fĂŒhren. Die Verhandlungen erstreckten sich bis hin zum Bundesministerium der Finanzen. Normalerweise betrĂ€gt der Zeitraum, bis man eine verbindliche Auskunft erhĂ€lt, je nach Auslastung des Finanzamtes â etwa drei bis vier Wochen. Anders in diesem Fall: Von der Planung bis zum Tag, an dem wir die verbindliche Auskunft erlangten, vergingen etwas mehr als zehn Monate. Neben deutschen Partnern waren auch US-Kollegen mit von der Partie, da es sich um die deutsche Tochtergesellschaft eines US-amerikanischen Mandanten handelte. Ein Highlight ist fĂŒr mich auch immer, wenn ich ein Einspruchsverfahren fĂŒr einen Mandanten erfolgreich zum Abschluss gebracht habe â und natĂŒrlich, wenn Mandanten mit meiner Arbeit zufrieden sind und wiederkommen.
Welche Themen beschÀftigen derzeit Ihre Branche?
Aktuell treibt uns in der Tax Gruppe die Besteuerung von Einnahmen aufgrund von RechteĂŒbertragungen auslĂ€ndischer RechtstrĂ€ger um, derzeit hauptsĂ€chlich in US-amerikanischen Konzernen. Hier geht es um die Lizenzbeziehung zweier auslĂ€ndischer Unternehmen, die in Deutschland steuerpflichtig sein kann, wenn in Deutschland eingetragene oder verwertete Rechte ĂŒberlassen werden. Die Sachverhalte kamen durch Umstrukturierungen aufgrund der US-Steuerreform Ende 2019 hoch. AuĂerdem betreuen wir im Team zahlreiche grenzĂŒberschreitende Sachverhalte, von der Steuerplanung bis zu BetriebsprĂŒfungen. Das rĂŒhrt daher, dass Verwaltungen zunehmend international zusammenarbeiten und Finanzbehörden von EU-LĂ€ndern vermehrt Informationsaustausch betreiben. So tauscht sich etwa eine deutsche Behörde mit der niederlĂ€ndischen Behörde aus. Unser deutsches Tax Team steht dann wiederum in Kontakt und Austausch mit den niederlĂ€ndischen Baker-Kollegen. Diese grenzĂŒberschreitende Arbeit ist eine Facette, die mir seit meinem Start in der Kanzlei gut gefĂ€llt.
Apropos Start bei Baker McKenzie: Sie sind 2011 als Associate eingestiegen, im Juli 2020 wurden Sie zur Partnerin ernannt. Wie hat sich Ihr Aufgabenspektrum im Laufe der Zeit verÀndert?
Zugegeben: Ich hatte als Berufseinsteigerin recht wenig Ahnung vom deutschen Steuerrecht. Ich hatte zwar internationales Steuerrecht wĂ€hrend meines LL.M. Studiums mit Schwerpunkt Steuerrecht in Sydney gelernt, dies verschaffte mir aber nur einen ersten Einblick. Und das Thema Steuern steht (auĂer in Bayern) nicht auf dem Lehrplan der juristischen Ausbildung. Anfangs arbeitete ich daher in der Kanzlei eher den Kollegen zu, hatte jedoch gleichzeitig frĂŒh Mandantenkontakt und wurde schnell in die unterschiedlichsten FĂ€lle eingebunden. Die TĂŒren und Ohren meiner Teamkolleginnen und -kollegen standen und stehen bei Fragen immer offen. Diesen unkomplizierten Austausch schĂ€tze ich sehr.
Zu Beginn beschĂ€ftigte ich mich viel mit Themen rund um die Steuerplanung im Zuge der Umstrukturierung von Unternehmen. Peu Ă peu habe ich mich im Laufe der Zeit immer mehr in ein weiteres Gebiet eingearbeitet: Steuerstreitverfahren, dazu gehören unter anderem BetriebsprĂŒfungen, Einspruchs- und Klageverfahren. Zwei Jahre nach meinem Start absolvierte ich meine SteuerberaterprĂŒfung und baute kontinuierlich mein eigenes Netzwerk auf. Von diesem Netzwerk profitiere ich bis heute und kann jedem empfehlen, den Networking Gedanken â sowohl innerhalb der Kanzlei als auch bei bestehenden oder potentiellen Mandanten â zu verfolgen. Es zahlt sich aus. Heute verfĂŒge ich ĂŒber ein groĂes internationales Netzwerk, das mir es unter anderem erlaubt, stets die richtigen Ansprechpartner innerhalb unserer Kanzlei zu haben und aus zahlreichen Kontakten sind inzwischen echte Freundschaften entstanden.
Wie hat die Corona Zeit Ihre Arbeit verÀndert?
Die Art der Aufgaben, mit denen ich mich tĂ€glich beschĂ€ftige, hat sich nicht wesentlich geĂ€ndert. Es ist eher das âWieâ und âWoâ, was sich gewandelt hat. Nach dem Lockdown hat sich der Arbeitsplatz in das Homeoffice verlagert, wo ich per Mail oder mittels Zoom- und Skype Konferenzen mit Kollegen und Mandanten kommuniziere. Dank des StayConnected Programms, das unsere HR Abteilung ins Leben gerufen hatte, gab es auch zahlreiche Gelegenheiten, an Online Schulungen, virtuellen Treffen, Fitnesstrainings und vielen weiteren Angeboten teilzunehmen. Im Zuge des Smart Restart gehe ich wieder an bestimmten Tagen regelmĂ€Ăig ins BĂŒro und treffe auf den GĂ€ngen nun wieder meine Teamkollegen persönlich. Dieser Austausch ist neben den virtuellen Meetings auch wichtig, um mit den Kollegen in Kontakt zu bleiben.
Welche Skills braucht es, um im Steuerrecht erfolgreich zu sein?
Ein gutes ZahlenverstĂ€ndnis ist hilfreich. Wir erstellen zwar keine SteuererklĂ€rungen, aber oft geht es im Steuerrecht auch um bilanzrechtliche Themen. AuĂerdem sollte man eine gute Portion Neugierde mitbringen, da man sich â wie eingangs geschildert â mit den vielfĂ€ltigsten Themen auch anderer Rechtsgebiete auseinandersetzt. Wichtig ist auĂerdem Teamgeist und die Freude, mit Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher LĂ€nder und Kulturen zusammenzuarbeiten.
Was erwartet Berufseinsteigerinnen und -einsteiger in der Tax Gruppe?
Aus meiner Sicht sind die wesentlichsten Aspekte, an spannenden, grenzĂŒberschreitenden Mandaten von Tag eins an mitzuarbeiten und ein tolles, gemischtes Team zu haben, in dem AnwĂ€lte, Steuerberater, Economists und Analysts auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Durch die spezifischen FĂ€higkeiten jedes Einzelnen kommt man so gemeinsam zu kreativen Lösungen fĂŒr unsere Mandanten. Die Kanzlei fördert zudem Kolleginnen und Kollegen, die berufsbegleitend die SteuerberaterprĂŒfung ablegen wollen und unterstĂŒtzt bei Fachanwaltskursen.
Welche Tipps können Sie der âNext Generationâ von Juristen geben? Und welche speziell fĂŒr Nachwuchsjuristinnen?
Versucht, so frĂŒh wie möglich in die unterschiedlichsten Bereiche hineinzuschnuppern. Ich selbst habe das Steuerrecht relativ spĂ€t fĂŒr mich entdeckt, wĂ€hrend meines Referendariats. Das Career Mentorship Program unserer Kanzlei ermöglicht z.B. Nachwuchsjuristinnen und -juristen, ausbildungsbegleitend unsere Kanzlei kennenzulernen und sich viele Rechtsgebiete anzuschauen. So bekommt man als Mentee frĂŒh ein umfassendes und realistisches Bild, was einen spĂ€ter als Einsteiger in einer GroĂkanzlei erwartet.
Wenn Sie keine AnwÀltin/Steuerberaterin geworden wÀren, welchen Weg hÀtten Sie dann eingeschlagen?
Ganz ehrlich: Ich wollte immer RechtsanwĂ€ltin werden und habe mir nie Gedanken ĂŒber eine alternative Berufswahl gemacht. Schon in Poesie- und FreundschaftsbĂŒcher, die meine Schulkameraden mir an die Hand gaben, schrieb ich diesen Berufswunsch nieder. Was mir viel SpaĂ macht, ist der nĂ€chsten Generation Themen wie Bilanzkunde zu vermitteln, sei es in unserer Inhouse University fĂŒr Associates oder in der Mentorship University fĂŒr unsere Mentees. AuĂerhalb unserer Kanzlei bringe ich steuerrechtliche Themen meinen Zuhörern als Referentin in der Bundesfinanzakademie nĂ€her. Vielleicht wĂ€re also LehrtĂ€tigkeit eine Alternative zur AnwĂ€ltin gewesen (schmunzelt).
Frau Fischer, vielen Dank fĂŒr dieses GesprĂ€ch.
