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Veröffentlicht am 11.07.2017

Compliance, Havaianas und 40 Grad an Weihnachten

Melina Terwesten absolvierte von Dezember 2016 bis Januar 2017 ein Praktikum in São Paulo bei Trench, Rossi e Watanabe, der Assoziationskanzlei von Baker McKenzie. Mehr über Melinas spannende Zeit in Brasilien erfährst Du hier:


Im Sommer 2015 knüpfte ich meinen ersten Kontakt zu Baker McKenzie: Ich machte ein Praktikum im Düsseldorfer Büro und kehrte daraufhin bald als studentische Hilfskraft zurück. Während eines Kanzleiausflugs äußerte ich meinen Wunsch nach einer neuen Herausforderung vor Abschluss meines ersten Staatsexamens. Spontan wurde mir ein Praktikum in einem der ausländischen Baker Büros vorgeschlagen. Ich war von dieser Idee sofort begeistert und machte ich mich knapp zwei Monate später auch schon auf die Reise nach São Paulo.

Die Betonwüste

„Wow“ – das war mein erster Gedanke, als ich mich mit dem Taxi vom Flughafen São Paulos der Stadt näherte. Ich war überwältigt von den Hunderten von Wolkenkratzern, zwischen denen man sich schon kilometerweit von der Stadt selbst wieder fand. Durch die Masse an imposanten Betongebäuden schien es, als sei das Zentrum der Stadt endlos. Dass ich mich hier nicht in einer anderen Großstadt wie etwa New York befand, wurde mir allerdings schnell klar. Denn neben den zahlreichen hohen Gebäuden sieht man in São Paulo auch große Favelas. Favelas sind Armenviertel, deren Name auf die brasilianische Kletterpflanze „Favela“ zurückgeht. Ähnlich wie die Pflanze „klettern“ die Behausungen der Armenviertel die Berge in Städten wie Rio de Janeiro oder São Paulo hoch.

Das Office von Trench, Rossi e Watanabe befindet sich außerhalb der Stadt, in einem modernen „Business park“, der, im Vergleich zu vielen anderen Teilen São Paulos, sehr gepflegt und auch sicher erscheint. Die Kanzlei ist in den obersten Etagen der goldenen EZ Towers gelegen, wodurch man aus der Cafeteria einen eindrucksvollen Ausblick über einen weiten Teil der Region hat.


Erster Arbeitstag und Arbeitsklima

Zu meiner Überraschung begann mein erster Arbeitstag im Office von São Paulo nicht etwa mit einer formalen englischen oder (sogar) portugiesischen Begrüßung, sondern mit einem „Hallo Melina!“ und einer herzlichen Umarmung von meiner neuen Chefin Stefanie Elfering. Sie ist verantwortlich für die Betreuung des German Desk des Büros und spricht fließend Deutsch. Auch alle anderen Kolleginnen und Kollegen hießen mich sehr freundlich willkommen und ich war positiv erstaunt über die Begrüßungsküsschen und Vorstellungen bei Vornamen. Diese Umgangsformen galten dabei nicht nur für die große Gruppe anderer Praktikanten, sondern auch für die Anwälte und Partner der Kanzlei. Mein Schreibtisch befand sich inmitten eines Großraumbüros. So ungefähr hatte ich mir die Wallstreet der Achtziger Jahre vorgestellt. Zwar fiel es mir zu Beginn nicht einfach, mich bei der hohen Lautstärke im Büro zu konzentrieren, doch ich gewöhnte mich schnell an die neue Situation und fand Gefallen an der Atmosphäre, die dank des gemeinsamen Großraumbüros vor allem durch enge Zusammenarbeit zwischen Praktikanten und Anwälten geprägt war. Für lustige Momente sorgten gelegentliche Stromausfälle, die der gesamten Kanzlei kurzerhand das Licht ausschalteten. Diese wurde mit Humor genommen und nach fünf bis zehn Minuten konnte dann in der Regel auch wieder normal weitergearbeitet werden. Deutlich tragischer wäre es wahrscheinlich auch gewesen, wenn die Klimaanlage im Office ausgefallen wäre. Ohne die stelle ich mir das Arbeiten in São Paulo zumindest in den Sommermonaten von Dezember bis Februar schwierig vor. Denn außerhalb der angenehm klimatisierten Kanzleiräume findet man sich schnell auf bis zu über 40 Grad aufgeheizten Straßen wieder. Mit diesen Temperaturen kam ich erstaunlich gut zurecht. Ich habe mich sogar sehr wohl gefühlt und es genossen, in meiner Mittagspause den Blazer abzulegen und in der brütenden Sonne zu sitzen, während sich Freunde und Familie in Deutschland mit Schneeregen und Frost herumschlugen. Was ich allerdings für die Hitze in Kauf nehmen musste, war die Sonnencreme als ständiger Begleiter in meiner Handtasche und Kleidung zum Wechseln nach der Arbeit. Die Wechselkleidung war nicht nur wegen des Wetters notwendig, sondern auch wegen der vorherrschenden Kriminalität. Auch wenn es in dem Businesspark der Kanzlei sicher war, so konnte man sich nicht auf allen Straßen São Paulos gefahrlos bewegen. Dies gilt vor allem dann, wenn man von Natur aus sehr europäisch und formell gekleidet aussieht. Nicht zuletzt aus diesem Grund entstanden während meines gesamten Aufenthaltes Taxikosten in unsagbarer Höhe.

Feliz Natal – Frohe Weihnachten

Kurz nach Beginn meines Praktikums stand die Weihnachtszeit bevor. Auch in Brasilien wird Weihnachten gefeiert, wenn auch ein wenig anders, als wir es in Deutschland kennen. Meine Gedanken an Weihnachten waren bisher mit Weihnachtsmärkten, selbstgebackenen Keksen, Kerzenlicht und im besten Fall sogar Schnee verknüpft. Diese Vorstellung und auch der Geruch nach frischem Tannengrün wurden für mich während meines Aufenthalts in São Paulo erstmalig durch die fruchtigen Düfte von Maracuja und Limette ersetzt. Ich war fasziniert von den „kitschigen“ Weihnachtsdekorationen mit flackernden bunten Lichtern überall in der Stadt bei Temperaturen über 30 Grad. Um ein wenig Tradition in der Weihnachtszeit in Brasilien kam ich dann aber doch nicht herum. Denn das Weihnachtsprogramm für die Law Clerks der Kanzlei in São Paulo wurde eingeleitet durch eine leicht abgewandelte Version des für Brasilien typischen Spiels zu Weihnachten „amigo secreto“. Es ist ungefähr vergleichbar mit dem, was man in Deutschland unter Wichteln versteht. Ich ergatterte die berühmten brasilianischen Flipflops. Anschließend fand die Kanzleiweihnachtsfeier, eines der Highlights meines Aufenthalts in São Paulo, statt. Für diese stand eine prunkvolle Location mit Outdoor-Pool und brasilianischer Live Band zur Verfügung und manche der Anwälte und Partner präsentierten ihre Gesangskünste mit einer lautstarken Karaoke-Performance.

 Arbeiten in São Paulo

Ich arbeitete in den Praxisgruppen Compliance, Dispute Resolution und Intellectual Property mit. Vor allem die Praxisgruppe Compliance bildet den Schwerpunkt der Kanzlei in Brasilien. Hintergründe waren die aktuelle politische Situation in Brasilien und Korruptionsskandal in der Wirtschaft. Für Unruhen sorgten laufende Verfahren gegen hunderte Politiker, darunter auch Ex-Präsident Lula da Silva, das Impeachment-Verfahren von Nachfolgerin Dilma Roussef und der berühmte Korruptionsskandal „Operation Autowäsche“. Obwohl ich mich im Vorfeld über die Situation in Brasilien informiert hatte, lernte ich unglaublich viele Aspekte dazu. Erleichtert wurde mir dies durch die Unterstützung der deutschsprachigen Anwälte, die mir geduldig meine Fragen zu der Thematik beantworteten.

Da viele ausländische Unternehmen auch in Brasilien tätig sind, ist die Arbeit der Kanzlei in São Paulo international. Für mich war das von großem Vorteil, da ich intensiv einbezogen wurde und an spannenden Mandaten mitarbeiten durfte. So wurde beispielsweise oft nach der Perspektive europäischen Rechts gefragt oder Urteile aus dem europäischen Raum gesucht. Bei einer Ausrichtung auf rein brasilianisches Recht in portugiesischer Sprache wäre eine solche Mitarbeit für mich nicht so leicht möglich gewesen. Im Rahmen meiner Arbeit kam ich immer wieder mit dem mit dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) und dem Brasilianisches Antikorruptionsgesetz in Kontakt. Neben mehreren weiteren Gesetzen zielen diese auf eine Bekämpfung von Korruption ab und finden aufgrund der Korruptionsskandale Brasiliens hohe Bedeutung.
In einem modernen “Businesspark“ außerhalb der Stadt ist das Office von Trench, Rossi e Watanabe beheimatet. Problematisch war teilweise die Sprachbarriere, denn einige Mitarbeiter des Büros in São Paulo sprachen lediglich Portugiesisch oder nur sehr gebrochenes Englisch. Eine Kommunikation auf Englisch gestaltete sich daher manchmal schwierig. Dieser Aspekt bereitete mir zu Beginn meines Praktikums gelegentlich Schwierigkeiten, schaffte aber ideale Voraussetzungen, um die eigenen Sprachkenntnisse zu erweitern und Portugiesisch zu lernen. Die Kommunikation im Büro unterschied sich zu der in Deutschland nicht nur in der gesprochenen Sprache, sondern auch in der Art und Weise. So ist es in São Paulo keine Seltenheit gewesen, dass innerhalb des Büros Aufgaben über WhatsApp kommuniziert wurden.
Die Stadt selbst
Neben der Arbeit lernte ich nach und nach die Stadt kennen. Sie zeichnet sich durch ihre Vielfalt an Restaurants und Bars aus. So kann man sich zum einen mit Samba und dem Nationalgetränk Caipirinha von der guten Stimmung der Brasilianer inspirieren lassen. Empfehlenswert ist auch das ausgezeichnete Sushi im Stadtteil Liberdade, einem japanisches Viertel der Stadt. Im Parque do Ibirapuera kann man sowohl der Hektik als auch der Hitze in der Stadt entkommen und bei einem Spaziergang südamerikanische Pflanzen bewundern. Dort bekommt man auch frische Kokosnüsse oder das in Südamerika so beliebte Acai-Eis. Falls die Stadtparks zur Erholung nicht ausreichen, findet man etwas außerhalb von São Paulo kleinere Wasserfälle und tolle Landschaften. Viele „Paulistas“, wie sich die Einwohner São Paulos nennen, fliegen über das Wochenende gelegentlich auch nach Rio de Janeiro, wo man nur eine Flugstunde von São Paulo entfernt an den Stränden in der Sonne liegen oder schwimmen gehen kann.
Den Ausflug nach Rio habe ich mir zum Rutsch ins neue Jahr nicht entgehen lassen und verbrachte diesen an der berühmten Copacabana. Ganz in weiß gekleidet, wird bei angenehmen Temperaturen am Strand gefeiert und zu Mitternacht nach altem Brauch sieben Mal über Wellen gehüpft, damit die Wünsche für das kommende Jahr in Erfüllung gehen.

Brigadeiro zum Abschied

Nach meiner spannenden Zeit war ich umso trauriger, mich am Ende meines Praktikums verabschieden zu müssen. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt und enge Freundschaften mit anderen Praktikanten geschlossen. Brasilien habe ich als ein unglaublich interessantes und landschaftlich wunderschönes Land kennengelernt.
Das Praktikum hat mir sehr gut gefallen und ich konnte eine Menge Erfahrungen sammeln, sowohl für mich persönlich als auch für meinen künftigen Berufsweg. Versüßt wurde mein Abschied an meinem letzten Tag in São Paulo dann aber doch noch von meiner Vorgesetzten Stefanie Elfering – und zwar mit „Brigadeiro“, einer brasilianischen Pralinenspezialität.