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Veröffentlicht am 03.08.2015

Australien – Einmal „Down Under“ und zurück.

Matthias Ziegelmeier absolvierte seine Wahlstation von Januar bis März 2015 im Büro von Baker & McKenzie in Melbourne/Australien. Zuvor war er als Praktikant und wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Praxisgruppe Dispute Resolution im Münchner Büro der Kanzlei tätig. In folgendem Erfahrungsbericht erfährst Du mehr über seine Zeit in „Down Under“.

Australien ist ein beliebtes Ziel für die Wahlstation und für viele ist es ein Traumland. Strahlender Sonnenschein, das Great Barrier Reef, das Sydney Opera House – Melbourne hat das alles nicht und ist dennoch eine der wohl reizvollsten Städte der Welt. Ich hatte das Glück, im Büro von Baker & McKenzie dort meine dreimonatige Wahlstation Anfang 2015 verbringen zu können.

Den Beschluss, die letzten drei Monate meines Referendariats im Ausland zu verbringen, fasste ich bereits zu Beginn meiner Ausbildungszeit. Nach langen Monaten des Lernens und elf Klausuren erschien mir dies als die vielversprechendste Art und Weise, die Referendarzeit abzuschließen. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich noch einmal in einem ganz anderen Arbeitsumfeld und einer anderen Sprache zurechtzufinden.
Der Kontakt nach Melbourne Um eine geeignete Stelle für die Wahlstation zu finden, wählte ich die nächstliegende und, wie sich herausstellen sollte, für mich beste Option: Ich hatte im Münchener Büro der Kanzlei Baker & McKenzie bereits in der Anwaltsstation und auch zuvor schon als Praktikant und Wiss. Mitarbeiter im Dispute Resolution Team gearbeitet. Die Kanzlei hat 77 Büros
in 47 Ländern weltweit und ermöglicht es regelmäßig Referendaren, ihre Wahlstation in einem ausländischen Büro zu verbringen. Als Dr. Thomas Gruetzner, Partner in der Dispute Resolution Praxisgruppe in München, dies auch mir anbot, sagte ich sofort zu. Schnell wurde ein direkter Kontakt zu einem der Partner im Büro in Melbourne hergestellt, der sich sofort bereit erklärte, mich von Januar bis März 2015 in sein Team aufzunehmen.

Die Vorbereitungen gestalteten sich insgesamt einfach und unkompliziert. Für Australien benötigt man ein Visum, doch wie meine Kollegen in Melbourne herausfanden, reichte ein sog. eVisitor-Visa für mich aus. Dieses berechtigt zum dreimonatigen Aufenthalt in Australien, ist kostenlos und kann innerhalb weniger Minuten online beantragt und bewilligt werden. Die Referendargeschäftsstelle war außerordentlich kooperativ; auch wenn es nicht das einfachste Unterfangen war, den australischen Anwalt dazu zu bewegen, die erforderlichen Unterlagen auf Deutsch auszufüllen.

Die Unterkunft: Am besten schon vor der Abreise suchen

Einige Tage nach Weihnachten 2014 stieg ich ins Flugzeug Richtung „Down Under“. Mit einem halben Tag schneebedingter Verzögerung landete ich am Silvesterabend in Melbourne. Das Feuerwerk über dem Hafen war eines der ersten Dinge, die ich von der Stadt sah. Ich hatte noch kein Zimmer gemietet und wollte die ersten Tage nach meiner Ankunft mit der Wohnungssuche verbringen. Das gestaltete sich als schwieriger als gedacht: In Australien werden Zimmer inseriert, wenn sie frei sind, und dann innerhalb kurzer Zeit vergeben. Daher ist es ratsam, sich vor der Abreise bei einschlägigen Portalen wie „gumtree“, „flatmatefinder“ oder „airbnb“ zu registrieren und sich vor Ort einige Tage Zeit für die Suche zu nehmen. Nicht zu unterschätzen ist auch, dass die Wahlstation nur drei Monate dauert und Vermieter ihre Zimmer gern längerfristig vergeben. Die Kosten für ein Zimmer in Melbourne sind beträchtlich und liegen deutlich über dem Mietpreisniveau in München. Entweder man nimmt eine etwas längere Anfahrt ins Büro in Kauf. Dann lässt sich etwas außerhalb eine günstigere Unterkunft ohne größere Probleme finden. Oder man macht es wie ich – und begibt sich auf eine längere Suche. Ich hatte letztlich Glück und fand ein Zimmer in einem Townhouse in Fitzroy, einem sehr hippen Stadtteil im Nord- Osten des Central Business Districts mit vielen kleinen Cafés, Pubs, Boutiquen und Galerien. Die Fahrt zur Kanzlei mit einer der unzähligen Trams, das öffentliche Hauptverkehrsmittel der Stadt, dauerte rund 15 Minuten. Noch schneller war ich mit dem Fahrrad, einem ebenfalls sehr beliebten Fortbewegungsmittel in Melbourne. Ein großer Teil der Arbeitnehmer nutzt die Bikelanes, die das Zentrum durchkreuzen und die entlang oder teilweise auf dem Yarra River in die Innenstadt führen, um morgens an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Auch im Büro von Baker & McKenzie gibt es Mitarbeiter, die mit dem Rad ins Büro fahren und den Tag zunächst in Sportklamotten beginnen, ehe sie die Fahrradhose gegen den Anzug aus dem Spind tauschen.

Das Büro in Melbourne: Blick auf den Supreme Court of Victoria

Das Büro von Baker & McKenzie befindet sich im 18. und 19. Stock eines der Hochhäuser in Melbournes Central Business Districts. Es liegt in unmittelbarer Nähe zu allen wichtigen Gerichten der Stadt und des Bundesstaates Victoria. Vom Fenster meines Büros konnte ich direkt auf das alte neoklassizistische Gebäude des Supreme Court of Victoria sehen. Auch die Kammern der Barristervereinigungen befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft. Im Vergleich zum Baker & McKenzie Büro in Sydney und den rund 200 beschäftigen Anwälten ist die Kanzlei in Melbourne mit 60 angestellten Anwälten recht überschaubar. Ich hatte eine ähnliche Bürogröße bereits in München kennen und schätzen gelernt. Der Vorteil: Man kennt fast alle Kollegen zumindest vom Sehen – so auch während meiner Wahlstation in Melbourne.

Der Arbeitsalltag – von Barristers und Solicitors

Der Arbeitsalltag in Australien ähnelt dem Arbeitsalltag in einer großen Wirtschaftskanzlei in Deutschland. Computersysteme und formale Strukturen kannte ich bereits aus dem Münchener Büro, das erleichterte meinen Start. Wie ich schnell merkte, ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Australien und Deutschland die Zusammenarbeit mit dem Barrister. Wie in angelsächsischen Rechtssystemen üblich, wird in Australien zwischen Barrister und Solicitor unterschieden. Die Solicitors sind in den Anwaltskanzleien beschäftigt und für die Arbeit mit dem Mandanten zuständig, die Barristers für die Arbeit vor Gericht. Daher nimmt die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Barrister einen Großteil der Arbeit an einem Fall ein. Die Barrister sind bei ihren jeweiligen Kammern registriert, wo sie von den Solicitors der Kanzleien ausgewählt und dann über den jeweiligen Streitfall informiert werden. Die Solicitors bereiten so genannte Briefs, letztlich Sachverhaltsdarstellungen, für die Barristers vor, die dann die notwendigen Schritte vor Gericht unternehmen. Neben Fragen zum australischen Gesellschaftsrecht beschäftigte ich mich in Melbourne vor allem mit einer Schiedsstreitigkeit, in der die Construction-Praxisgruppe, für die ich arbeitete, einen australischen Mandanten vertrat. Auf den Fall war österreichisches Recht anwendbar. Ich war mit den Schiedsregeln einigermaßen vertraut, denn ich hatte sie im Rahmen des Vis Moot Court schon einmal kennengelernt. Über Wochen hinweg banden mich die Kollegen intensiv in den Fall ein – eine Herausforderung, die mir großen Spaß machte. Auch wenn ich regelmäßig der erste Ansprechpartner war, wenn einem der australischen Anwälte die „absurden“ Grundsätze des kontinentaleuropäischen Zivilprozesses so überhaupt nicht einleuchten wollten.

Die Stadt – Land und Leute kennenlernen

Neben der Arbeit blieb mir ausreichend Zeit, die Stadt und das Land kennen zu lernen. Dies lag zum einen an den Arbeitszeiten, die in Australien recht familienfreundlich sind. Das abendliche Dinner besitzt einen hohen Stellenwert, und so arbeiten Anwälte nach 19 Uhr tatsächlich nur noch, wenn es die Mandatsarbeit erfordert. Zum anderen nutzte ich vor allem die Wochenenden, um die Metropole und das Umland zu erkunden. Melbourne als Stadt mit 4,3 Millionen Einwohnern und einem riesigen Einzugsgebiet bietet eine breite Palette an Freizeitmöglichkeiten. Wer Melbourne vor
allem mit Tennis und den Australian Open in Verbindung bringt, liegt richtig – aber auch falsch: Während der beiden Wochen, in denen das jährliche Turnier stattfindet, sind in der ganzen Stadt Leinwände aufgespannt und alles dreht sich um das Turnier. Die Australian Open sind jedoch nur eines der unzähligen Events. In den drei Monaten, die ich in Melbourne verbrachte, fanden daneben beispielsweise der Cricket World Cup statt, drei Triathlonevents, ein Musikfestival am Strand von St. Kilda, der Asia Soccer Cup, das Great Ocean Bikerace, der Formel-1-Weltcup und die „Whitenight“, ein Kunstfestival, bei dem eine Nacht lang riesige Lichtinstallationen an die historischen Gebäude der Stadt projiziert werden, während in der gesamten Innenstadt ein Straßenfest mit 800.000 Besuchern veranstaltet wird. Außerhalb Melbournes gibt es die Strände der Great Ocean Road, die Weinbaugebiete im Yarra Valley und Philipp Island, eine Insel vor Melbourne, an deren Strände jeden Abend hunderte von Pinguinen angespült werden, um die Nacht an Land zu verbringen.

Die richtige Entscheidung

Mein Aufenthalt in Melbourne war im Rückblick die schönste Zeit des Referendariats. Was natürlich auch am hohen Freizeitwert der Region liegt. Ich war mehrere Tage in Sydney, bin übers Wochenende ans Great Barrier Reef geflogen, mit Schildkröten geschwommen und habe wilde Seelöwen, Kakadus und unzählige Kängurus gesehen. Einige der schönsten Momente habe ich aber tatsächlich im Büro erlebt: Meine Kollegen integrierten mich von Anfang an in ihr Team und bezogen mich in die Fallbearbeitung mit ein. Da die
Kanzlei regelmäßig Events veranstaltet, zu denen alle Mitarbeiter eingeladen werden, lernte ich schnell auch Kollegen der anderen Praxisgruppen kennen. Die Veranstaltungen reichten vom Vortrag einer Stiftungsgründerin zum Weltfrauentag, über das Diversity- Seminar, die Pro-Bono-Awards bis hin zum Lawn Bowling, einer Mischung aus Boule und Kegeln auf englischem Rasen, bei dem der eigentliche Schwerpunkt aber auf dem Barbecue liegt. Es sind vor allem die Menschen, mit denen ich zusammen arbeiten durfte, die ich in Erinnerung behalten werde. In Australien beginnt man direkt nach dem Universitätsabschluss, in den Kanzleien zu arbeiten. Daher sind die meisten Anwälte sehr jung, und ich hatte viele gleichaltrige Kollegen. Auch die Partner werden ganz selbstverständlich mit Vornamen angesprochen, und jeder Kollege im Büro erschien mir gegenüber sehr offen und interessiert. Es wird viel und effektiv gearbeitet. Doch es gibt auch viele Anlässe, zu denen man zusammenkommt und sich über das Leben neben der Arbeit austauscht, etwa die regelmäßigen Freitagabenddrinks in einer Bar nahe dem Büro. Dort erfährt man dann, dass der Anwalt, mit dem man sich bisher vor allem über Baurecht unterhalten hat, abends Gitarre in einer Band spielt, wie die Tandemtour am Wochenende war oder in welchem der unzähligen Restaurants das koreanische, chinesische, griechische oder italienische Essen gerade besonders zu empfehlen ist.

Fazit

Letztlich wurden meine Erwartungen an die Wahlstation in fast allen Aspekten übertroffen. Melbourne ist eine der vielseitigsten Städte der Welt und die Einbindung in das internationale Netzwerk der Kanzlei hat es mir leicht gemacht, mich schnell zurechtzufinden und einzuleben. So wurde nur eine meiner Erwartungen nicht ganz erfüllt: Das Wetter in Melbourne weigerte sich beharrlich, australischen Standards zu genügen. Die 40 °C wurden nur wenige Male erreicht und Ende März wurde es tatsächlich so kalt und bewölkt, dass einzelne Australier begannen, sich bei mir zu entschuldigen. Als ich nach meinem Rückflug in München landete, schien in der bayerischen Landeshauptstadt nach einem langen deutschen Winter wieder die Sonne. Ich freue mich darauf, mit den Kollegen in München und Melbourne in Kontakt zu bleiben.