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Veröffentlicht am 28.11.2018

Mein Auslandssemester in Bordeaux

Das Wintersemester 2015/16 hat clavisto-Talent Malte Völkening an der Université Montesquieu in Bordeaux verbracht. Das war definitiv das Highlight seines Studiums – auch, wenn die französische Art, die Dinge zu regeln, manchmal gewöhnungsbedürftig ist...aber lest selbst:

Unmittelbar nach der Zusage hatte ich meine ersten Begegnungen mit der französischen Bürokratie: Ich habe mich um einen Platz im Studierendenwohnheim beworben. Die Uni reserviert hier feste Kontingente für Erasmus-Studierende, sodass man bei rechtzeitiger Bewerbung sehr sicher einen Platz bekommt. Die Bewerbung ist äußerst kompliziert und undurchsichtig. Es gibt ein Online-Formular, dass ausgefüllt, ausgedruckt und (kein Witz!) per Post nach Frankreich geschickt werden muss, begleitet von einem Scheck (!) über 4€, für die Bearbeitungsgebühr. Es stellte sich nach langem hin und her (ein Scheckbuch bei der Sparkasse zu bekommen ist fast unmöglich) heraus, dass man diese Gebühr auch vor Ort in bar bezahlen kann. Ich habe meine Bewerbung dann letztlich aber doch wieder zurückgezogen in der Hoffnung, eine private WG zu finden. Das gestaltete sich als sehr schwierig, weil die meistens WGs bzw. Vermieter (in Frankreich suchen sich oft nicht die Mitbewohner, sondern die Vermieter die neuen Mieter aus) nicht auf E-Mails reagieren, und auf Französisch zu telefonieren habe ich mich damals noch nicht getraut. Ich habe dann über roomlala.fr (französische Variante von Airbnb) ein Zimmer für eine Woche gemietet und mir vor Ort eine Wohnung gesucht.

Es gibt verschiedene Internetportale, über die Wohnungen vermittelt werden (etwa leboncoin.fr, über das auch alles Mögliche andere verkauft wird, und appartager.com). Am besten sucht man aber über die einschlägigen Facebook-Gruppen (colocation Bordeaux etc.) und über lacartedescolocs.fr. Zimmer in Bordeaux kosten zwischen 400 und 500 €. Wenn man Glück hat, etwas weiter außerhalb sucht oder geringere Ansprüche hat (dass Zimmer keine Fenster haben, ist keine Seltenheit) findet man auch etwas Günstigeres. Bei der Wohnungssuche grade über das Internet muss man aber sehr vorsichtig sein, weil eine ganze Reihe Betrüger unterwegs sind (auf gar keinen Fall Geld überweisen, bevor man sich die Wohnung selbst angeschaut hat!). Ich habe direkt am ersten Tag nach meiner Ankunft ein Zimmer in einer WG mit anderen Erasmus-Studierenden gefunden.

Die Studierendenwohnheime der Uni sind um einiges günstiger. Dafür liegen sie außerhalb der Stadt am Campus der Fakultät. Die Innenstadt ist mit der Tram zwar in 20 Minuten zu erreichen, die fährt aber nur bis kurz nach Mitternacht. Außerdem sind die Zimmer teilweise nur sehr sporadisch ausgestattet (kein Kühlschrank, z.T. kein Herd).

Es gibt in Frankreich die Möglichkeit, Wohngeld (CAF) vom französischen Staat zu bekommen, auch für Ausländer und Ausländerinnen (Voraussetzung ist aber, dass der Vermieter oder die Vermieterin die Wohnung ordnungsmäßig gemeldet hat, was nicht selbstverständlich ist).

Man muss wissen, dass man in Frankreich vielfach nur mit Kreditkarte bezahlen kann. Außerdem empfehle ich dringend, sich ein inländisches Konto zuzulegen. Neben der Miete lassen sich auch französische Handyverträge vielfach nur von französischen Konten bezahlen, und die CAF überweist (soweit ich weiß) auch nur auf französische Konten. Man sollte sich auch nicht wundern, wenn in französischen Formularen deutsche IBANs aufgrund der anderen Länge nicht eingetragen werden können. Gleiches gilt für Handynummern, die in Frankreich immer genau zehnstellig sind.

Ein Konto bekommt man in Frankreich nur, wenn man einen Wohnsitz im französischen Inland hat, während viele Vermieter nur die Bezahlung von einem französischen Konto akzeptieren. Um diesen typisch französischen Widerspruch aufzulösen, hat die CIC-Bank ein Konto speziell für Erasmus-Studierende angeboten, bei dem man die Wohnungsbescheinigung nachreichen konnte. Generell gilt in Frankreich: bei all den Regeln und Formalien scheint es unendlich viele Probleme zu geben, aber die meisten lösen sich früher oder später von selbst, und die Uni ist auch sehr hilfsbereit. Also keine Panik.

Anfang September fing dann das Studium an. Vor Vorlesungsbeginn gab es einen vorbereitenden Sprachkurs, bei dem man die anderen Erasmus-Studierenden kennenlernen konnte. Parallel zum Sprachkurs fand die Einschreibung an der Uni statt. Bei diesem alljährlichen Ritual treten sämtliche Studierende der Uni (auch die Französischen und auch die, die schon im vorherigen Jahr an der Uni waren) an und diktieren in langen Reihen ihre persönlichen Daten, die dann von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Uni in Computer eingegeben werden.

Das Studium in Frankreich ist mit dem deutschen Studium nicht vergleichbar. Ich kann nicht sagen, ob das Studium dort leichter oder schwerer ist als bei uns, dafür bekommt man als Erasmus-Student nicht genug vom wahren Unileben mit.

Es gibt zwei Arten von Veranstaltungen: Cours Magistraux (Vorlesungen) und Travaux Dirigés (am ehesten vergleichbar mit unseren AGs in Jura). Die Uni bietet eine ganze Reihe sehr spannender Vorlesungen an (unter anderem auch - das musste ja so sein - eine Vorlesung im Weinrecht), und vor allem auch sehr viele mit internationalem Bezug (neben internationalem Privat-, Straf- und öffentlichen Recht auch Vorlesungen zum EU-Recht und insbesondere auch zur EMRK). Außerdem kann man neben den rechtswissenschaftlichen auch politikwissenschaftliche Kurse besuchen.

Während die Vorlesungen inhaltlich sehr interessant sind, ist es eher die Form, die an der Effizienz zweifeln lässt. Es handelt sich im Wortsinne um "Vorlesungen", d.h. der Professor oder die Professorin setzt sich hinter seinen oder ihren Schreibtisch und diktiert den Studierenden sein oder ihr Skript, inklusive Überschriften und Gliederungspunkte. Die Studierenden sitzen hinter ihren Laptops und tippen brav alles (wörtlich) mit. Gesetzestexte werden nicht verwendet. Dieses System hat für ausländische Studierende den großen Vorteil, dass man die Kommilitonen und Kommilitoninnen nach ihren Notizen fragen und alles nochmal nachlesen kann.

Bei den Travaux Dirigés wird in kleinen Gruppen (20-25 Studierende) mit einem Leiter oder einer Leiterin zu einem bestimmten Thema der Vorlesung gearbeitet. Dazu wird am Ende der Stunde eine Aufgabe ausgeteilt, die dann zur nächsten Stunde bearbeitet wird, etwa Urteils- oder Gesetzeskommentierungen, Essays oder (selten) Falllösungen. Hierzu muss dann auch (in geringem Umfang) recherchiert werden. Diese Arbeiten sind durchaus anspruchsvoll, und sie machen mit der mündlichen Mitarbeit im TD 40-50 % der Gesamtnote in dem entsprechenden Fach aus.

Was die Klausuren angeht, sollte man diese als Erasmus-Student oder -Studentin nicht überbewerten. Man bekommt Schreibverlängerungen und darf Wörterbücher benutzen. Verbreitet sind auch kurze mündliche Prüfungen, bei denen die Professoren und Professorinnen aber nachsichtig sind. Gewöhnungsbedürftig ist eher die Art zu lernen, denn abgefragt wird ausschließlich, was in der Vorlesung gesagt wurde. Das muss man also einfach wörtlich auswendig lernen.

Wenn man ehrlich ist, kommt man aber ja auch nicht (primär) wegen des Studiums nach Frankreich, sondern um das Land, die Leute und die Sprache kennenzulernen.

Bordeaux ist eine wunderschöne Stadt, gebaut aus Sandstein und etwa so groß wie Frankfurt (die offizielle Einwohnerzahl ist wegen der französischen Zählweise trügerisch). Es ist die Hauptstadt der Region Aquitaine (der Südwesten Frankreichs) und liegt direkt an der Garonne. An deren Ufern ist vor allem im Sommer immer viel los, dort kann man sich auf die Stufen setzen und Wein trinken, und man trifft immer neue Leute. In der ganzen Stadt gibt es kleine Cafés und Bars, wo die Menschen auch im Winter noch bis spät abends draußen sitzen. Im Spätmittelalter waren Bordeaux und die gesamte Region englisch besetzt, vielleicht gibt es deshalb so viele englische und irische Pubs. Allerdings muss man sich auf die Preise gefasst machen, außerhalb der Happy-Hour gibt es einen Pint Bier nicht für unter 6 €. Ganz dem Klischee entsprechend wird man in Bordeaux aber sowieso zwangsläufig zum Weintrinker. Der ist vergleichsweise günstig und vor allem auch sehr gut.

Etwa 20 Minuten östlich von Bordeaux liegt die kleine mittelalterliche Stadt Saint-Emilion, die bekannt ist für ihre guten Weine. Die kleinen Weinhändler bieten kostenlose Verköstigungen an, aber auch optisch ist die Stadt definitiv einen Besuch wert. Etwa zwei Stunden im Süden beginnt das spanische Baskenland, vor allem San Sébastian ist einen Besuch wert. Etwa genauso lange benötigt man, um ins deutlich größere Toulouse ("la ville rose") zu kommen. Nach Barcelona oder Marseille kommt man mit dem Zug für relativ wenig Geld in etwa acht Stunden. Und Paris ist natürlich auch direkt um die Ecke (der TGV schafft die 600 km inzwischen in zwei Stunden - ohne einen einzigen Zwischenhalt).

Wer viel reisen will, sollte sich die Carte Jeune der SNCF besorgen. Für einmalig 50 € erhält man damit Vergünstigungen von um die 25% auf fast alle Bahnstrecken, sodass sich die Karte schnell rentiert.

Bordeaux ist stark maritim geprägt und liegt kurz vor der Mündung von Garonne und Dordogne in die Gironde (eine langgestreckte Bucht), nach der die Region benannt ist. Bis zum offenen Meer sind es etwa 40 km, dorthin kommt man mit dem Zug in einer Stunde oder (um zu den etwas abgelegeneren, aber auch schöneren Stränden zu kommen) mit dem Bus in zwei Stunden (für 2,40 €). Der Atlantik ist vergleichsweise kalt, trotzdem kann man problemlos bis in den Oktober hinein baden. Aquitaine ist eine der sonnigsten Regionen Frankreichs, im Sommer ist es immer angenehm warm. Die Gegend um Bordeaux ist ein Surferparadies, in Hossegor findet jedes Jahr ein Teil der Weltmeisterschaften statt. Allerdings muss man auf die starken Strömungen achten. Östlich von Bordeaux liegt die Dune du Pilat, die höchste Düne Europas, die sehr beeindruckend ist.

Die Uni selbst bietet verschiedene Aktivitäten für Erasmus-Studierende an, etwa Ausflüge zu Weingütern. Außerdem gibt es eine Organisation namens ESN (inklusive Facebook-Gruppe), die Ausflüge und andere Veranstaltungen anbietet. Die kann man sich in der Regel aber für deutlich weniger Geld auch selbst organisieren. Dennoch eine gute Gelegenheit, um Leute kennenzulernen.

Auch bietet die Uni ein sehr vielfältiges Sportangebot, hier muss man aber in der ersten Woche sehr schnell sein, um einen Platz zu ergattern. Vor allem der Surfkurs ist sehr begehrt. Ich war im Oktober mit auf einem stage, wo wir nahe der spanischen Grenze ein Wochenende lang Surfen gelernt haben. Ich hatte das vorher noch nie gemacht und war überrascht, wie schnell man Fortschritte macht. Trotzdem braucht man eine gewisse Frustrationstoleranz. Außerdem gibt es einen Snowboardkurs in den nahegelegenen Pyrenäen.

Ich hatte eine wundervolle Zeit in Bordeaux und kann jedem nur dazu raten, in diese tolle Stadt zu ziehen, um ein oder zwei Semester das französische Leben (das sich wirklich erstaunlich von Unserem unterscheidet) zu genießen. Und lasst euch von der französischen Sprache nicht abschrecken, auch wenn ihr sie (wie ich zu Beginn) noch nicht so gut sprecht! Im täglichen Gebrauch kommt man hier sehr schnell zurecht, und die Franzosen sind (entgegen ihrem Ruf und Marine Le Pen zum Trotz) sehr tolerant gegenüber Anderssprachigen.