Registrierung

Für Nachwuchsjuristen

Du bist Berufseinsteiger, Referendar oder Student mit außergewöhnlichen Leistungen? Sichere Dir alle Vorteile und bewirb Dich jetzt für unser Talentprogramm!

  • Kostenlose Registrierung
  • Top-Kanzleien bewerben sich bei dir
  • Kostenfreie Förderleistungen
  • Mentoring durch berufserfahrene Anwälte
Als Nachwuchsjurist registrieren

Für Berufserfahrene

Du hast bereits erste Berufserfahrung als Associate gesammelt? Lass dich von unseren Partnerkanzleien überraschen und begeistern!

  • Kostenlose Registrierung
  • Sei Teil des exklusivsten Karriere-Netzwerk
  • Top-Kanzleien kommen auf dich zu
  • Anonym deine Jobanfragen verwalten
Als Berufserfahrener registrieren
Veröffentlicht am 28.11.2022

Mein Auslandssemester am Chicago Kent College of Laws

clavisto-Talent Lilith Büschgens absolvierte Ihren LL.M. am Chicago Kent College of Laws im Wintersemester 2021/22. Mehr über Lilliths Aufenthalt und das juristische Studium in der drittgrößten Stadt der vereinigten Staaten lest Ihr in ihrem Erfahrungsbericht...

Vorbereitung

Einer der wohl wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einem erfolgreichen Auslandsstudium ist die Vorbereitung. Dies gilt umso mehr für die USA, da man sich frühzeitig um sein Visum, eventuelle Finanzierungshilfen sowie Impfungen und eine Unterkunft kümmern muss.

Ich habe für mein Auslandssemester ein Stipendium des DAAD erhalten, worüber ich sehr dankbar bin. Davon konnte ich nicht nur meine Flugkosten in die Vereinigten Staaten, sondern auch meine vor Ort anfallenden Mietkosten bezahlen. Allgemein sind die Lebenshaltungskosten in den USA deutlich höher als in deutschen Städten, weshalb sich gegebenenfalls eine frühzeitige Auseinandersetzung mit Finanzierungshilfen wie Krediten oder Auslandsbafög anbietet.

Es ist zudem von Vorteil, sich – sofern nicht bereits vorhanden – eine gängige Kreditkarte anzuschaffen, da Kartenzahlung mit Kreditkarte das in den USA vorherrschende Zahlungsmittel ist.

Neben der amerikanischen Krankenversicherung, die direkt über das Chicago Kent College abzuschließen war, hatte ich eine deutsche Auslandskrankenversicherung abgeschlossen. Dies ist insbesondere für (hoffentlich nicht eintretende) Notfälle wie Reiserücktransport ratsam. Zusätzlich musste ich im Rahmen meines Mietvertrags eine Haftpflichtversicherung für die Wohnung abschließen, wie dies auch in Deutschland üblich ist.

Meine Universität in Chicago verlangte einen Nachweis über mehrere Impfungen, die in Deutschland grundsätzlich nicht zum „Pflicht-Impfprogramm“ gehören. Der Nachweis über verschiedenste Impfungen sowie einen negativen Tuberkulosetest ist an amerikanischen Universitäten Routine. Es empfiehlt sich daher, sich in Deutschland schon frühzeitig um notwendige Impfungen zu kümmern, um die Nachweisfrist nicht zu verpassen.

Unterkunft

Ich habe mich zusammen mit anderen Austauschstudenten der Universität Augsburg dazu entschieden, in eine WG zu ziehen. Zu fünft haben wir in einem sehr modernen Apartment- komplex in West Loop / Fulton Market gewohnt. Da der Süden Chicagos als relativ unsicher gilt, haben wir unser Augenmerk auf eine sichere Wohngegend gelegt. West Loop ist ein modernes Viertel mit vielen Restaurants und schicken Boutiquen. Außerdem haben wir von einer guten Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel profitiert und waren so stets mobil.

Bei der Suche nach einem Apartment war uns besonders wichtig, dass die Zimmer schon möbliert sind, und wir viele amenities vor Ort nutzen können. So hatten wir Waschmöglichkeiten, einen Fitnessraum und community spaces wie Billardtische, große Aufenthaltsräume mit Sofas und Fernsehern und Tischen zum gemeinsamen Lernen, sowie mein absolutes Highlight: Die große Dachterrasse mit einem 360°-Ausblick über die Dächer Chicagos inklusive BBQ-Area.

Vor Ort haben wir uns dann noch mit ein paar weiteren Haushaltsartikeln und Gegenständen für den täglichen Gebrauch eingedeckt. Hierbei war es für uns alle von Vorteil, in einer WG zu wohnen: So mussten wir einzelne Möbel oder Küchengeräte nur ein einziges Mal anschaffen und konnten uns die Kosten teilen; denn letztlich blieb bei unserer Abreise ja alles zurück in Chicago.

Wer lieber alleine wohnen möchte, kann beispielsweise in die Canterbury Court Apartments ziehen, die direkt in Goldcoast am Lake Michigan liegen. Dort wohnen auch viele internationale Studenten, so dass man nie alleine ist, aber dennoch einen Rückzugsort hat.

Erledigungen vor Ort

Eine der ersten Erledigungen vor Ort wird wohl die Anschaffung einer amerikanischen SIM sein. Das erleichtert natürlich nicht nur die Erreichbarkeit, sondern ist auch insofern notwendig, da man die amerikanische Nummer wirklich überall angeben kann / muss, um sich etwa bei Läden zu registrieren, um beispielsweise Kundenkarten zu erwerben.

Ich habe mich für die ersten drei Monate für ein Angebot von Mint entschieden: Ich habe einmalig $ 60 gezahlt und dafür Telefonie, SMS und 9 GB Datenvolumen pro Monat erhalten. Danach bin ich für einen Monat zu Tello gewechselt, wo ich unbegrenztes Datenvolumen sowie internationale Telefonie und SMS für knapp $ 30 bekommen habe. Zudem lohnt es sich wie bereits angesprochen, bei einigen Läden Kundenkarten zu holen. Neben der Marianos Card für den Supermarkt hatte ich die CVS Card und Walgreens Card für Pharmacies / Drug Stores.

Uni-Leben

Ich habe in Chicago neben dem obligatorischen Einführungskurs für internationale LL.M.-Studenten noch vier weitere Kurse belegt: Contract Law, Criminal Law and Procedure, International Trade Law und Banking Law and Regulation.

So hatte ich eine bunte Palette an Kursen und konnte in alle Rechtsgebiete schnuppern. Anders als in Deutschland sind die Kurse in Amerika deutlich kleiner, es gibt kein Audimax, sondern Seminarräume. Mein größter Kurs war Contract Law mit knapp 100 Teilnehmern, mein kleinster Kurs Banking Law and Regulation mit vermutlich 30 Teilnehmern.

Dementsprechend sind die Vorlesungen auch anders strukturiert. Es ist weniger ein Vortrag des Professors, der hin und wieder mit Fragen von Studenten gespickt wird, sondern vielmehr ein interaktier Austausch. Berühmt berüchtigt ist in den USA das sog. “cold-calling”, das heißt, ohne Vorwarnung vom Dozenten aufgerufen zu werden. Mir ist dies tatsächlich nie passiert; gerade auf die internationalen Studenten wurde von den Dozenten viel Rücksicht genommen und man wurde nie zur Teilnahme gezwungen. Nichtsdestotrotz hat es mir großen Spaß gemacht, an den Vorlesungen aktiv teilzunehmen.

Da der LL.M. ein post graduate program ist, sind die Dozenten sehr frei in der Art und Weise, wie sie ihr Kursprogramm ausgestalten. Nicht nur sind viele Dozenten Praktiker, d.h. Richter, Strafverteidiger oder Rechtsanwälte, sondern beziehen auch oft guest lecturer in ihre Vorlesungen mit ein. So hat man stets von einem Profi auf seinem Gebiet einen detaillierten Einblick erhalten und konnte auch viele neue Kontakte knüpfen.

Es lohnt sich, Fragen zu stellen und proaktiv auf die Dozenten zuzugehen. Ich habe durchweg positive Erfahrungen im Austausch mit meinen Professoren gemacht. Alle sind sehr offen, humorvoll und freuen sich meist selbst sehr darauf, Ansichten, Einschätzungen und Meinungen von (angehenden) Juristen aus dem Ausland zu hören.

Freizeit in Chicago – Must Do’s

Auch neben dem Alltag in der Uni gibt es in Chicago viel zu sehen. Sei es ein Nachmittag auf Chicagos Shoppingmeile, der Magnificent Mile auf der Michigan Avenue, oder ein Abend bei Cindy’s oder im London House für einen Drink über den Dächern der Stadt. Typisch Amerikanisch sind natürlich auch die Sportveranstaltungen, die groß zelebriert werden. Da mich nicht alle „klassischen“ Sportarten interessierten, war ich lediglich auf einem Basketball Spiel und einem College Football Game, die sich beide aber sehr ge- lohnt haben. (Tipp: Gerade für die Basketball Spiele genügt es, die Tickets noch nicht Wochen im Voraus zu kaufen, da sie meist günstiger werden.) Daneben gab es auch trotz Corona viele Konzerte bekannter Künstler in Chicago, die gerade mit offiziellen Resale-Tickets sehr erschwinglich sind.

Neben den klassischen Must Sees wie The Bean (bzw. Cloud Gate) beim Millenium Park gibt es auch jahreszeitenabhängig viele Feierlichkeiten, die es sich lohnt mitzuerleben. So finden im Sommer am Navy Pier Feuerwerkshows statt, die in Deutschland ihresgleichen suchen. Mit dem 1. Oktober beginnt der Halloween-Spirit in der Stadt, bis er kurz vor Beginn der Weihnachtszeit von Thanksgiving abgelöst wird. Ich habe zusammen mit anderen Austauschstudenten mein erstes Thanksgiving in einem Gemeinschaftsraum in unserem Wohnhaus mit einem großen Essen gefeiert und selbst einen Truthahn gemacht; einer der letzten gemeinsamen Abende, bevor jeder in seinem Klausurstress untergetaucht ist.

Im Gegensatz zu den bayerischen Christkindlmärkten 2021 konnte man den Christkindlmarkt in Chicago auch trotz Covid besuchen. Zwar gab es des Öfteren lange Schlangen, doch hat sich ein Besuch mehr als gelohnt, um mit Glühwein und Apfelstrudel in Weihnachtsstimmung versetzt zu werden. Im Winter gibt es ebenso viele Eislaufbahnen, insbesondere in der Nähe der Bean, wo man sich günstig Schlittschuhe leihen kann.

An Restaurants kann ich insbesondere Velvet Taco (für die besten und kreativsten Tacos!), Sushi Para II (für eine überwältigende All You Can Eat Erfahrung) und Berghoff (für die Sehnsucht nach deutschem Essen) empfehlen. Ein Must Eat ist definitiv die berühmte Chicago Deep Dish Pizza bei Giordano’s! Wenn man am Wochenende auch mal ausgehen möchte, sollte die Hopsmith Tavern die erste Anlaufstelle sein: Unten gibt es eine gemütliche Bar, während man oben zusätzlich eine Tanzfläche mit super Musikauswahl hat. Ebenso zu empfehlen sind die sog. Law Student Bashes der Student Association: Das sind Events, die die Jura-Fachschaft der Uni organisiert, über die man regelmäßig per Mail informiert wird. Dadurch kam ich auch in Kontakt mit amerikanischen J.D.-Studenten, die man in den meist internationalen Reihen des LL.M.-Studiums sonst vermisst.

Tagesausflüge bzw. -unternehmungen in Chicago bieten v.a. der Lake Michigan, der gerade (aber nicht nur) im Sommer perfekt zum Baden und Entspannen ist. Wer Museen mag wird auch schnell fündig: Das Art Institute ist für Studenten mit ermäßigtem Eintritt sehr erschwinglich und hat immer neue, interessante Ausstellungen. Daneben gibt es meist größere temporäre Ausstellungen, wie die Van Gogh Experience oder die Banksy Ausstellung. Auch ein Trip nach China Town lohnt sich, um das Flair und das Essen zu genießen.

Wer etwas weiter reisen möchte, kommt mit dem Zug in 1,5 Stunden nach Milwaukee, Wisconsin. Die Stadt ist deutlich kleiner als Chicago, aber hat gerade durch viele ehemals deutsche Siedlungen eine große Bierszene zu bieten. Mit dem Mietauto lässt sich auch Springfield, Illinois Hauptstadt, innerhalb von 3 Stunden erreichen. Springfield ist sehr vom Regierungscharakter sowie dem Bezug zu Abraham Lincoln geprägt. Wen es auch Mal in die Natur zieht, der wird gerade den Lincoln Memorial Park genießen können.

Um den Bogen zurück zur Uni zu schlagen, kann ich den Besuch von Gerichtsverhandlungen am Cook County Court sehr empfehlen. Das ist Chicagos Strafgericht, an dem regelmäßig sehr spannende Fälle mit Bezug zu Kartell- und Bandenkriminalität behandelt werden. Einige meiner (Gast-)Dozenten arbeiteten selbst als Anwälte oder Richter am Gericht; es hat sich sehr gelohnt, auf sie zuzugehen und nach der Möglichkeit zu fragen, an Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Ich hatte großes Glück und konnte den Richter nach der Sitzung noch mit vielen Fragen zur Verhandlung sowie allgemeinen Fragen zum Rechtssystem löchern. Interessant ist es insbesondere das sog. Jury Picking, die Auswahl der Geschworenen, mitzuerleben, das wir im deutschen Rechtssystem nicht kennen.

Reisen in den Staaten

Ein großer Vorteil an Chicago ist, dass der Flughafen (ORD) mit der Blue Line schnell zu erreichen ist. So lohnt es sich an verlängerten Wochenenden auch, die Stadt mal zu verlassen. Ich war viel auf Reisen, da ich zuvor noch nie in den USA war und gerade im Hinblick auf den Transatlantikflug das meiste aus meinem Aufenthalt rausholen wollte. So war ich gemeinsam mit Freunden am Grand Canyon und im Zion National Park, in Miami und Key West, Las Vegas, LA und San Diego sowie mehrmals in New York.

Nachdem ich schon ein paar Wochen in Chicago war, habe ich mich entschieden, Weihnachten mit Freunden in New York City zu verbringen und meine Flüge spontan umgebucht. Kurz nach meinen Klausuren bin ich im Dezember an die Ostküste geflogen und habe neben New York auch Washington D.C. und Boston besucht. Weihnachten in New York war für mich eine einmalige, verrückte und wunderschöne Erfahrung, mit allem, was dazu gehört (5th Avenue, Schlittschuhlaufen am Rockefeller Center, Schneespaziergänge im Central Park ...) und würde ich jedem, der am Ende seines Auslandssemes-ters noch Lust auf ein wenig Reisen hat, empfehlen.

Mein Auslandssemester in Chicago war aufregend, wunderschön und unvergesslich. Ich habe so viele Kontakte geknüpft, die mir auch jetzt, ein Jahr später, noch erhalten sind. Falls Ihr auch mit dem Gedanken an ein Auslandssemester liebäugelt, kann ich Euch Chicago nur ans Herz legen: Eine pulsierende, internationale Großstadt, in der einem alle Türen offenstehen.

Ich würde mich jedes Mal wieder für Chicago und das Chicago Kent College of Law entscheiden und freue mich sehr, bald zurückzukehren, um mein zweites LL.M.-Semester zu absolvieren.