Veröffentlicht am 23.10.2025
KI im Jurastudium: Freund oder Feind?
Hand aufs Herz: Wer von Euch hat im Referendariat nicht auch gerne (heimlich) ChatGPT nach einer Definition gefragt? Ich persönlich nutze KI punktuell mittlerweile fast täglich - und das mit großer Freude und manchmal auch etwas Skepsis.
Kompetenz mit KI ist ein wichtiger Karrierebaustein
Die Wahrheit ist natürlich: Legal Tech und KI sind längst nicht mehr „irgendwann Zukunft“, sondern Werkzeuge, die den Arbeitsalltag von JuristInnen schon heute massiv verändern. Und dennoch erlebe ich bei vielen JuristInnen und AnwältInnen - und auch bei mir - eine gewisse Skepsis und die Frage, wie oft, wieviel und für welche Aufgaben möchte ich es einsetzen? Und wo bleibe ich mit meinem Wissen? Welche Elemente der KI sind karriererelevant - und auf welche kann ich verzichten?
Diese Auseinandersetzung ist sehr individuell und persönlich, so dass es sicher nicht eine richtige Antwort darauf gibt. Dennoch gilt - es ist klug, nicht „Mensch gegen Maschine“, sondern „Mensch mit Maschine“ zu denken. Denn KI wird bleiben und unser Leben und unsere Arbeitsgewohnheiten weiter verändern.
Viele MandantInnen kommen mit Halbwissen der KI in die Beratung
Wie oft höre ich von verärgerten BeraterInnen, das MandantInnen anrufen, die denken, ihr Rechtsproblem mit KI bereits gelöst zu haben. Obwohl klar ist, dass viele Informationen und Beratungswege so nicht anwendbar sind, wie die KI es vorschlägt.
Tools, die Du als JuristIn kennen solltest
Drei Tools, die Du aus meiner Erfahrung kennen solltest, wenn Du Dich in einer Kanzlei oder einem Unternehmen vorstellst:
ChatGPT & Co.: Diese Tools sind ideal für Strukturideen oder Checklisten. Aber beachte bitte: Dein Prüfungswissen bleibt unersetzlich.
Juristische Datenbanken mit KI-Suche: Dadurch gewinnst Du Zeit für die eigentliche Arbeit, denn Du findest hier schneller relevante Treffer und ersparst Dir das stundenlange Suchen und Scrollen.
Dokumentenautomatisierung: Sinnvoll ist es auch, Standardverträge tippen zu lassen, statt sie 20-mal neu zu schreiben.
Falls Du über gewisse Datenbanken oder Software nicht verfügst, dann frage doch in den Stationen des Referendariats nach. Jedes Unternehmen, Behörde oder Kanzlei setzt mittlerweile KI ein - und hier hast Du die Chance, diese Tools auszuprobieren und Dir eine eigene Meinung zu bilden.
Aber was tun mit der Angst vor „Fremdsteuerung“?
Viele JuristInnen, die ich kenne, haben die Befürchtung, fremdgesteuert zu werden. Und denken vielleicht auch: „Wenn die Maschine alles macht – wozu braucht man mich noch als BeraterIn?“
Natürlich wird es so sein, das KI die ein oder andere Arbeit von uns ersetzen wird. Aber ist das nicht auch eine sinnvolle Entwicklung? Wollen wir wirklich Zeit verbringen mit Aufgaben, die KI viel schneller und auch besser lösen kann? Insofern gilt - Umdeuten statt abwehren.
Sieh KI als Assistenz, nicht als Ersatz. Sie nimmt Dir Fleißarbeit ab – aber das Denken, Abwägen und Argumentieren kann nur ein Mensch.
Mach kleine Schritte: Nutze KI erst für banale Aufgaben (Formatierung, Gliederung, Synonyme finden). Dann merkst Du schnell: Das Werkzeug stärkt Deine Arbeit, es schwächt sie nicht.
Und: Du entscheidest immer, welche Vorschläge Du übernimmst. Die Kontrolle bleibt bei Dir.
Am Ende ist es wie mit den juristischen Kommentaren: Niemand verlässt sich blind darauf, aber niemand möchte sie missen. Mein Tipp für Dich: Hab keine Scheu, zu experimentieren – aber bleib Kapitän Deines eigenen Denkens. So wird KI Dein Helfer, nicht Dein Gegner.
Ich wünsche Dir viele spannende neue Erkenntnisse und Erfahrungen auf diesem Weg.
