Veröffentlicht am 20.05.2022
Im Fokus: Das „Paris II-Programm“

Man verbringt dabei zunächst die ersten vier Semester in München, dann folgen die drei Semester in Paris, wobei die ersten beiden mit der licence abgeschlossen werden und das letzte Semester im sog. Master 1 absolviert, dieser aber nicht beendet wird, da er auf zwei Semester angelegt ist. Die maîtrise bekommt man dann aber trotzdem mit Bestehen des 1. Staatsexamens anerkannt. Zusätzlich wird die licence als Schwerpunkt anerkannt. Das System ist also etwas kompliziert, es lohnt sich aber, da man am Ende mit drei Abschlüssen und oft mit relativ guten Noten dasteht, da die Umrechnung der französischen Noten in das deutsche System vergleichsweise vorteilhaft ist. Ein Nachteil im Vergleich zu „herkömmlichen“ Erasmusprogrammen ist natürlich, dass es etwas mehr Arbeit bedeutet, dazu aber unten mehr.
Vorbereitung
Wer in München an dem Programm teilnehmen möchte, muss ab dem 2. Semester Vorbereitungskurse und Prüfungen in französischem Recht absolvieren. Die Bewerbung erfolgt Ende des 3. Semesters im Rahmen des Programms und die Teilnehmenden werden unter denjenigen ausgewählt, die auch an den Vorbereitungskursen teilgenommen hatten. Das ist natürlich etwas aufwendig. Wer darauf verzichten möchte, kann das Programm auch von der HU Berlin aus machen, dort gibt es keine Vorbereitungskurse und Prüfungen und das Programm ist im Prinzip dasselbe. Ich fand die Kurse aber im Nachhinein tatsächlich sehr hilfreich, vom Arbeitsumfang waren sie gut machbar und sie haben mir persönlich auch Spaß gemacht. Weitere Bedingung für die Teilnahme ist das Bestehen aller Zwischenprüfungen.
Unterkunft
Eine Wohnung in Paris zu finden ist nicht die leichteste Übung. Ich habe aber auch noch von niemandem gehört, der auf der Straße gelandet ist. Einige sind im Studentenwohnheim „Crous“ untergekommen, andere in der Cité universitaire, für die man sich jedoch vorab bewerben muss. Ich persönlich habe mein Zimmer (ein „studio“) über ein Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung gefunden. Falls man nicht selbst in einer Stiftung ist, kann man auch problemlos Freunde fragen, ob sie eine Anzeige schalten. Paris ist bekanntermaßen sehr teuer, meine 16m2 Wohnraum (inklusive Bad und Küche) kosteten mich 670 €/Monat, dazu kamen noch Strom und Internet. Das ist für Pariser Verhältnisse sogar noch vergleichsweise günstig, wobei ich auch im 19. Arrondissement wohnte, also nicht direkt im Zentrum. Es ist aber alles gut mit dem Fahrrad und der Metro zu erreichen. Der Vorteil an Frankreich ist, dass es, unabhängig vom Einkommen der Eltern, ein Wohngeld vom französischen Staat auch für ausländische Studierende gibt. Das zu beantragen ist etwas kompliziert, lohnt sich aber, ich bekam immerhin etwas mehr als 200 €/Monat. Da wir zusätzlich zum Erasmusgeld auch noch ein Stipendium der Deutsch-französischen Hochschule erhielten, war das Ganze letztlich sehr gut machbar.
Studium an der Gastuniversität
Allgemeines
Die Unterrichtssprache in Assas ist Französisch. Man sollte also schon einigermaßen fit sein, was die Sprache angeht. Man sollte sich aber auch nicht aus Angst vor der Sprache davon abhalten lassen, denn erstens macht man schon in den ersten Wochen große Frotschritte und zweitens wird auf Nicht-Muttersprachler:innen insofern Rücksicht genommen, als man bei den Prüfungen ankreuzen kann, dass man keine Muttersprachler:in ist, sodass sprachliche Fehler nicht so stark berücksichtigt werden. Außerdem durften wir immer ein Wörterbuch benutzen.
Das Jahr ist in zwei Semester aufgeteilt, von Oktober-Februar und von Februar-Juni, es gibt also keine Pause zwischendurch, nur je 2 Wochen Ferien zu Weihnachten und zu Ostern + jeweils eine Vorbereitungswoche vor den Prüfungen, in der keine Kurse mehr stattfinden.
Kurswahl
Was die Kurswahl angeht waren wir in meinem Programm etwas eingeschränkt. Für die Licence hatten wir nur die Auswahl zwischen zwei Schwerpunkten (öffentliches oder privates Recht), die Fächer waren aber letztlich vorgegeben und wir konnten nur wählen, welches Fach wir als Hauptfach und welche wir als Nebenfächer haben wollten. Für das Mastersemester konnten wir immerhin den Schwerpunkt wählen und auch bei den Nebenfächern war die Auswahl etwas besser. Insgesamt hatte ich im ersten Semester drei, ansonsten zwei Hauptfächer und je vier Nebenfächer. Dazu kommt ein verpflichtender Englischkurs. Wer möchte, kann auch zusätzliche Sprachkurse belegen. Diese bauen jedoch vom ersten Jahr an aufeinander auf, wer also erst im dritten Jahr dazustößt, sollte schon Vorkenntnisse haben. Es lohnt sich aber, da man dafür Extrapunkte erhält, die in die Note mit einfließen und tatsächlich ein relativ hohes Gewicht haben können. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit, verschiedenste Sportkurse zu belegen. Auch dafür gibt es Extrapunkte, sofern man auch an interuniversitären Wettbewerben teilnimmt, was nicht bei jeder Sportart möglich ist und wofür man natürlich auch ein gewisses Niveau haben muss. Ich selbst durfte im Basketballteam mitspielen, wodurch ich neben den Zusatzpunkten auch einige nette Leute kennengelernt habe.
Aufbau
Das Studium besteht im Wesentlichen aus Vorlesungen und zusätzlich in den Hauptfächern aus sogenannten „TDs“ (travaux dirigés), die mit den deutschen Arbeitsgemeinschaften/Tutorien vergleichbar sind. Der Unterschied (jedenfalls zu München) liegt darin, dass letztere verpflichtend sind (es gibt jedes Mal eine Anwesenheitskontrolle!). Die Arbeit in den TDs, die aus Mitarbeit, ggf. Referaten, Hausaufgaben, kleineren Prüfungen und wenn man Pech hat sogar Abfragen besteht, macht am Ende 1/3 der Note im jeweiligen Hauptfach aus.
Niveau und Methodik im Vergleich zur LMU sind nach meiner persönlichen Einschätzung deutlich niedriger. Die einzige „Methode“ besteht darin, möglichst viel auswendig lernen zu können, Kurzzeitgedächtnis reicht. Einzige Schwierigkeit ist die schiere Menge an Stoff, mit der man konfrontiert wird, das war am Anfang sehr überfordernd, man lernt aber mit der Zeit, wie man damit umgeht. In den Hauptfächern bekommt man sehr viele Hausaufgaben, die ziemlich zeitintensiv sind. Im ersten Semester habe ich ca. 10 Stunden pro Fach (3) aufgewendet. Im zweiten Semester habe ich die Hausaufgaben nur noch sehr sporadisch gemacht, weil ich gemerkt hatte, dass der Mehrwert zumeist gleich null ist, da wie gesagt am Ende eh nur das Kurzzeitgedächtnis zählt. Oft habe ich mir ein, zwei Sachen rausgepickt, um mich in den Übungen (travaux dirigés = TD) beteiligen zu können, darauf gibt es nämlich Noten. Zum Teil mussten wir auch Sachen abgeben, das habe ich natürlich gemacht. Auch hier muss man allerdings nicht in die Tiefe gehen, das wird nicht erwartet, rein deskriptive
Arbeiten, so mein Eindruck, bringen letztlich die solidesten Noten. Die Vorlesungen habe ich auch bereits nach wenigen Wochen nicht mehr besucht. Die Professor:innen lesen letztlich ihr Skript vor und es wird mitstenographiert, da nichts hochgeladen wird. Nicht hinzugehen geht daher nur, wen man von irgendwem die Skripte bekommt, oft gibt es aber auch Skripte vom letzten Jahr irgendwo zu finden (über Facebookgruppen). Solange es sich um dieselbe Professor:in handelt, kann man die einwandfrei nehmen.
Die Unterstützung an der Gastuni war von administrativer Seite gut, die Ansprechpartner:innen waren sehr geduldig und hilfsbereit. Was den Unialltag anging, gab es weniger Unterstützung, man wurde ein bisschen ins kalte Wasser geworfen. Nachdem ich am Anfang große Probleme hatte, zurechtzukommen, habe ich einfach meine TD-Leiter:innen angesprochen. Da hat man manchmal Glück und ebenfalls sehr hilfsbereite Leute, die sich für einen Zeit nehmen, manchmal aber auch nicht, aber fragen kostet ja nichts. Auch unter den Mitstudierenden kann man einfach mal nachfragen, viele sind zwar selbst überfordert oder haben keine Lust zu helfen, aber irgendwer erbarmt sich dann doch immer. Trotzdem denke ich, am hilfreichsten ist es, ehemalige Programmteilnehmende zu befragen, denn am schwierigsten war es zu Beginn, das System selbst zu verstehen. Ich habe mir oft viel zu viele Gedanken gemacht, obwohl gar nicht so viel von mir erwartet war. Das kann natürlich nur jemand nachvollziehen, der selber auch ein anderes System kennt.
Die Uni befindet sich direkt neben dem Jardin Luxembourg und hat eine große Bibliothek (Taschen können mitgenommen werden, Computer sind vorhanden). Daneben stehen die Übungsräume, sofern sie nicht gerade belegt sind, als Arbeitsräume zur Verfügung. Eine kleine Mensa gibt es direkt im Gebäude, allerdings ist alles in mikrowellengeeignete Plastikbehälter verpackt und muss aufgewärmt werden, weshalb ich dort kein einziges Mal etwas gekauft habe, man kann sich aber sein mitgebrachtes Essen auch aufwärmen. Eine größere Mensa im klassischen Sinne gibt es nicht weit von der Uni. Das Preis-Leistungs- Verhältnis ist dort in Ordnung.
Alltag und Freizeit
Das Semesterticket ist super, günstiger als in München und man kann in der ganzen Region Île-de-France fahren. Noch lieber fahre ich aber Fahrrad, auch wenn der Pariser Verkehr am Anfang gewöhnungsbedürftig ist (rote Ampeln werden von Fußgänger:innen und Fahrradfahrer:innen selten eingehalten, aber Achtung: einmal bin ich in eine Kontrolle geraten und musste 90 € zahlen..., hatte aber wohl riesengroßes Pech, wahrscheinlicher ist es, dass das Fahrrad geklaut wird – ist mir auch passiert – , also immer gut absperren und nicht unbedingt das schicke 3000€-Fahrrad nehmen).
Das kulturelle Angebot ist sehr umfangreich. Großer Pluspunkt ist, dass man als unter 26- jährige EU-Bürger:in in sehr viele Museen kostenlos, in andere zumindest vergünstigt reinkommt. Auch bei Theater, Oper, Konzerte etc. gibt es vergünstigte Tickets.
Abgesehen davon ist Paris aber eher teuer.