Registrierung

Für Nachwuchsjuristen

Du bist Berufseinsteiger, Referendar oder Student mit außergewöhnlichen Leistungen? Sichere Dir alle Vorteile und bewirb Dich jetzt für unser Talentprogramm!

  • Kostenlose Registrierung
  • Top-Kanzleien bewerben sich bei dir
  • Kostenfreie Förderleistungen
  • Mentoring durch berufserfahrene Anwälte
Als Nachwuchsjurist registrieren

Für Berufserfahrene

Du hast bereits erste Berufserfahrung als Associate gesammelt? Lass dich von unseren Partnerkanzleien überraschen und begeistern!

  • Kostenlose Registrierung
  • Sei Teil des exklusivsten Karriere-Netzwerk
  • Top-Kanzleien kommen auf dich zu
  • Anonym deine Jobanfragen verwalten
Als Berufserfahrener registrieren
Veröffentlicht am 29.02.2024

Ganz vorne steht die Leidenschaft für das Rechtsgebiet und den Anwaltsberuf.

Katharina H. Reuer, M. Jur. (Madrid), Salary Partnerin bei Taylor Wessing, im Interview über das Karriereentwicklungsmodell bei Taylor Wessing, ihre Leidenschaft für den Rechtsbereich Intellectual Property und ihre Beweggründe für die Gründung eines „Diversity Councils“ für die Kanzlei.

Liebe Katharina, Du bist seit mittlerweile zehn Jahren im Bereich Intellectual Property (IP), insbesondere im Marken- und Wettbewerbsrecht bei Taylor Wessing tätig. Herzlichen Glückwunsch zum „Firmenjubiläum“! In Deiner Ausbildung hattest Du zunächst den Schwerpunkt auf Familienrecht gelegt. Wie kam es zu dieser thematischen Wende?

Ich wählte zunächst das Familienrecht, weil ich gerne etwas mit einem sozialen Aspekt machen wollte. Im Zuge eines sehr bereichernden Praktikums in einer renommierten Hamburger Kanzlei für Familien- und Erbrecht habe ich aber gemerkt, dass Sorge- und Erbrechtsauseinandersetzungen sehr belastend sein können. Aufgrund der Sorge, dass ich mich langfristig vielleicht nicht hinreichend von den individuellen Schicksalen distanzieren könnte, habe ich mich dann in Richtung Wirtschaftsrecht orientiert.​

Erst im Referendariat entwickelte sich meine Fokussierung auf das IP-Recht. Bis zum und während meines Masters in Madrid direkt nach dem 1. Staatsexamen hatte ich nur wenig Berührungspunkte zum geistigen Eigentum. Ich kam lediglich während meines Studentenjobs als Koordinatorin des „Ergänzungsstudiengangs Wirtschaftsrecht“ an der Uni Hamburg am Rande mit Medien- und Markenrecht in Berührung. Das war zwar bereits spannend, der Schlüsselmoment ereignete sich jedoch später: Als ich meine Zivilstation im Referendariat in der Spezialkammer für Marken- und Wettbewerbsrecht am Landgericht Hamburg absolviert habe. Die dort zu verhandelnden abwechslungsreichen Fälle haben sofort mein Interesse geweckt und mir sehr viel Spaß gemacht. Im Anschluss habe ich auch noch eine Arbeitsgemeinschaft zum Presserecht bei dem renommierten Vorsitzenden Richter am Landgericht Buske besucht. Danach habe ich dann meine weiteren Referendariatsstationen soweit möglich auf den IP-Bereich ausgerichtet. In der Anwaltsstation war ich bei Lovells (Anmerkung der Redaktion: später Hogan Lovells) im Markenrecht in Hamburg, woraus sich schließlich später auch eine Wahlstation bei Hogan Lovells in Alicante ergab; dort sitzt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO).
 

Du hast also „Dein“ Rechtsgebiet im „grünen Bereich“ (wie man den IP-Bereich auch nennt) gefunden. Waren dafür Dein Interesse an Kunst, Musik und Dein Engagement in der Kulturszene mitbestimmend oder hat sich das erst entwickelt, nachdem Du berufliche Überschneidungspunkte hattest?

Das war mit Sicherheit ein großer Faktor, warum mir dieser Bereich so zusagt. Wenn man sich in der IP-Praxis umschaut, sieht man, dass sich oft Personen mit künstlerischem oder musikalischem Hintergrund diesen Rechtsgebieten zuwenden. Man erhält sehr viel Einblick in die unterschiedlichsten Unternehmen und Branchen, die Innovation vorantreiben wollen und „out of the box“ denken. Das kommt einem kreativen, neugierigen Geist mit Sinn auch für die „schönen Dinge des Lebens“ sehr zu pass.

Das IP- und IT-Recht ist teilweise technisch anspruchsvoll. Welchen Herausforderungen begegnest Du auch mit jahrelanger Expertise noch immer und wie hältst Du Dich stets auf dem neusten Stand?

Die Herausforderungen ergeben sich vor allem daraus, dass man nicht branchenfestgelegt ist, sondern sich stets mit neuen Produkten befassen darf. Manchmal muss man sich komplexe technische Hintergründe erarbeiten, was mir aber auch Spaß macht. Man braucht einen offenen und flexiblen Geist, um sich immer wieder auf technische Neuerungen einzulassen. Ansonsten versuche ich natürlich durch Lektüre von Rechtsprechung und Fach- bzw. Branchenpublikationen up to date zu bleiben.
 

Du hast einen Magister Juris der Universität Complutense in Madrid. Was war Deine Motivation für dieses Masterprogramm?

Ich wollte unbedingt noch einmal ins spanischsprachige Ausland gehen, um mein Schulspanisch weiter zu vertiefen. Deshalb habe ich mich für einen spanischsprachigen Master entschieden. Warum Madrid? Für mich ist Madrid das „Herz“ Spaniens! Es war dann auch eine ganz wunderbare und aufregende Zeit. 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es mir persönlich, neben der fachlichen Ausbildung und dem Titel, vor allem um die aus meiner Sicht sehr wertvolle Auslandserfahrung ging.

Wie wirkt sich eine Zusatzqualifikation wie LL.M. oder Doktortitel auf den Karriereweg in der Großkanzlei Deiner Meinung nach aus?​

Wenn ich Bewerbungen bekomme, freue ich mich immer, wenn ich darin von Auslandserfahrungen lese. Es ist für die persönliche Entwicklung meines Erachtens außerordentlich vorteilhaft, einmal selbständig in einem anderen Sprach- und Kulturkreis zu leben. Vergleichbare prägende Erfahrungen, ganz unabhängig vom Fachlichen, kann man im eigenen Land und Kulturkreis einfach nicht sammeln.

Abgesehen davon ist ein Titel wie ein LL.M. oder ein Doktor natürlich auch ein hilfreiches Qualifikationsmerkmal. In vielen Großkanzleien gilt heutzutage noch immer die ungeschriebene Regel „zwei aus vier“: Prädikatsexamen im 1. und im 2. Staatsexamen, LL.M. und Doktor. Wer zwei davon erfüllt, erfüllt in der Regel die erforderlichen formalen Einstellungskriterien.

Du bist nun seit einigen Jahren Salary Partnerin bei Taylor Wessing (TW). Was bedeutet das genau und strebst Du die Equity Partnerschaft an?

Die Salary Partnerschaft ist eine Vorstufe auf dem Karriereweg in die Equity Partnerschaft. Ich strebe die Equity-Partnerschaft auch an, wie wohl vermutlich jede Person, die zehn Jahre hier ist (lacht). Die Salary Partnerschaft ist ein Karrieremodell, das Taylor Wessing vor ein paar Jahren eingeführt hat, um die Associates besser zu fördern und auf dem Weg in die Equity Partnerschaft enger zu begleiten. Wenn man einmal in der Salary Partnerschaft angekommen ist, dauert es bis dorthin noch ungefähr fünf Jahre. Es ist allerdings ein durchlässiges System; die Beförderung in die Equity Partnerschaft hängt von der persönlichen Entwicklung und dem Business-Case ab.​

Das Tolle an diesem klar strukturierten Verfahren (das bei uns „EVA-Verfahren“ heißt) ist, dass man zwei Mentorinnen bzw. Mentoren an die Seite gestellt bekommt, die einen auf diesem Weg begleiten und beratend, d.h. fördernd aber auch kritisch, zur Seite stehen. Im Zuge dessen wird man zudem jedes Jahr erneut evaluiert von einem sog. „EVA-Gremium“, das aus einer ganzen Reihe von Equity Partnern und Partnerinnen besteht. Somit ist man gezwungen, sich mindestens einmal im Jahr selbst zu prüfen sowie seine Pläne, Ziele und Entwicklungsfortschritte zu hinterfragen. Ich empfinde das als sehr hilfreich, um am Ball zu bleiben und meine eigenen Ziele und Wünsche immer mal wieder auf den Prüfstand zu stellen. Dabei musste ich mich auch mal pushen oder den eigenen Schweinehund überwinden, um den einen oder anderen Schritt zu gehen. Insgesamt empfinde ich es aber als sehr erfüllend, meine Ziele zu erreichen und Erfolg zu haben. Wenn ich das dann auch noch anhand des (positiven) Feedbacks schwarz auf weiß ablesen kann, ist das sehr motivierend.

Welche Eigenschaften sollte eine gute Equity Partnerin bzw. ein Equity Partner Deiner Meinung nach mitbringen?​

Sehr viele (lacht). Man sollte unternehmerische Herausforderungen mögen, Verantwortung übernehmen können und wollen, ein Team führen können und man sollte sicherlich auch ehrgeizig sein und neugierig ebenfalls. Ganz vorne steht meines Erachtens die Leidenschaft für das Rechtsgebiet und für den Anwaltsberuf. Das hat mich hier bei TW immer am meisten abgeholt, weil ich Equity Partnerinnen und Partnern begegnet bin, die mit wahnsinnig viel Leidenschaft am Schreibtisch sitzen und diese auch ins Team tragen. Es spielt eine große Rolle, dass man spürt, wieviel Freude dieser Job macht, gerade weil wir alle ja schon sehr viel Zeit mit dieser Tätigkeit verbringen. Ich persönlich könnte das ohne die Leidenschaft sowohl für mein Rechtsgebiet als auch das Anwaltsleben gar nicht leisten. Darum bemühe ich mich jeden Tag, diese Leidenschaft und Freude für unseren Beruf an mein Team weiterzugeben.
​​

Wie sieht ein normaler Tag als Vollzeitanwältin in Deinem Bereich bei Taylor Wessing auf dem Partnertrack aus?​ 

Bei mir beginnt jeder Tag anders und kein Tag gleicht dem anderen. Im Litigation-Bereich gibt es sehr viele Eilverfahren: Daher jongliere ich täglich mit vielen Gerichtsfristen. Daran orientiert sich mein Arbeitsalltag. Von Montag bis Freitag lege ich somit einen flexiblen Maßstab an mein Privatleben an, weil es nicht immer planbar ist, ob ich abends rechtzeitig mit meinen Aufgaben fertig werde. Im Schnitt bin ich etwa zwölf Stunden am Tag im Büro. Das kann auch mal länger gehen, wenn es gut läuft, kann das aber auch mal weniger sein.
​​

Im November 2019 hast Du gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen den Diversity Council bei Taylor Wessing ins Leben gerufen. Was war der Auslöser hierfür und was sind die Ziele des Councils?

Einer meiner Gründe, aber nicht der Einzige, war, dass ich damals festgestellt habe, dass die Frauenförderung in der Großkanzleiwelt noch immer zu kurz kommt und es viel zu wenig Frauen in der Equity Partnerschaft gibt. Außerdem sind mir im Laufe meiner Ausbildung und meines Berufslebens durchaus immer wieder unbewusste Vorurteile über den Weg gelaufen, die Frauen auf ihrem Karriereweg behindern (können). Das wollte ich bei uns anpacken und ändern! Zusammen mit anderen Kollegen und Kolleginnen habe ich mich dann verstärkt mit dem Thema Diversity beschäftigt und uns wurde schnell Eines klar: Ein diverses Arbeitsumfeld muss von innen heraus vorangetrieben werden! So kam es, dass sich eine diverse Gruppe von TW Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern deutschlandweit zusammengefunden und den Diversity Council gegründet hat. Uns allen liegt Diversity aus einer Vielzahl von Gründen am Herzen. Daher unterstützen wir die Geschäftsführung aktiv durch Impulse, Ideen und Initiativen zur Umsetzung und Gestaltung eines diversen Arbeitsumfelds bei TW von „innen“ heraus. Zum Glück gibt uns TW hierfür auch viel Freiraum. Die Vision des Diversity Councils ist es, dass allen Menschen der gleiche Respekt und die gleiche Wertschätzung entgegengebracht wird und sich alle gleichermaßen willkommen und akzeptiert fühlen.

Welche konkreten Maßnahmen hat Taylor Wessing bereits ergriffen, um Diversität zu fördern und wie wirken sich diese auf Arbeitsklima- und Ergebnisse aus?

Erste und wichtige Maßnahme war sicherlich, dass der Diversity Council bereits Ende 2019 ins Leben gerufen wurde und deutschlandweit agiert. Wir haben aber auch schon konkrete Ziele bei Themen wie flexible Arbeits- und Karrieremodelle umsetzen können, z.B. eine verbesserte Anrechnung von Eltern- und Elternteilzeit im Rahmen des Karrieretracks und wir arbeiten regelmäßig an dem Abbau von unbewussten Vorurteilen (sog. „unconscious bias“) im Rahmen von entsprechenden Workshops und Schulungen. Zudem ist TW in diversen Netzwerken aktives Mitglied geworden und hat verschiedene Frauenförderungsprogramme in Deutschland sowie international auf den Weg gebracht. Insgesamt ist schon viel passiert, dafür dass es uns noch nicht allzu lange gibt und unsere Initiativen allein auf freiwilligem Engagement neben dem Job beruhen. Es gibt aber noch Einiges zu tun – nicht nur bei TW, sondern in der gesamten Großkanzleiwelt.

Viele Kanzleien springen mittlerweile auf den „Diversity-Zug“ auf und bemühen sich um umfassende Programme zur Förderung der Vielfalt. Hältst Du das insgesamt für sinnvoll und woran hakt es evtl. noch?

Ich halte das nicht nur für sinnvoll, sondern für zwingend erforderlich. Ich bin heute mehr denn je davon überzeugt, dass Individualität den Unterschied macht und eine offene Kultur eine wesentliche Säule für die Gemeinschaft und den Erfolg einer Kanzlei ist. Aus meiner Sicht ist Diversity immer ein top-down-Thema. Das Management muss dahinterstehen und eine diverse Kultur vorleben und aktiv fördern. Thema Nummer eins ist in vielen Großkanzleien das Problem der Geschlechterverteilung in den oberen Ebenen. Generell ist die Welt der Großkanzleien jahrelang von Männern geführt worden und die Frauenquote ist, seit wir denken können, gering. Dies gilt daher insbesondere für die Equity Partnerschaft. Bei TW haben wir derzeit 14 % Frauen in der Equity Partnerschaft und stehen damit im Vergleich der Großkanzleien sogar noch gut dar. 

Nach und nach setzt sich auch in der Großkanzleiwelt das Bewusstsein durch, dass eine paritätisch besetzte Equity Partnerschaft erstrebenswert ist. (Bei den Associates in den ersten Berufsjahren haben wir übrigens bereits seit einigen Jahren bei TW eine Frauenquote von knapp über 50% erreicht, was mich sehr freut.) Auch die Mandantschaft fragt immer häufiger nach der Diversität der Teambesetzung in laufenden Mandatsbeziehungen und im Rahmen von Pitches. Das erhöht den Druck auf die noch männerdominierte Management-Ebene. Meines Erachtens haben wir leider noch immer nicht vollständig den alten „Teufelskreis“ durchbrochen: Männer stellen gerne Männer ein, denn gleich und gleich gesellt sich gern – (die Allbright-Stiftung bezeichnet dies als den „ewigen Thomas-Kreislauf“). Frauen hatten und haben da nur bedingt eine Chance und scheuen dann manchmal auch, sich in rein männerdominierten Kreisen durchzusetzen. Erst wenn es ausreichend Frauen auf den Machtpositionen gibt, wird sich dies ändern und sich zudem auch der – meines Erachtens wichtige – Rolemodel-Effekt einstellen, der dann noch weitere Frauen motiviert, Führungsrollen zu übernehmen. Ich denke, jetzt ist der Moment, Frauen aktiv in Führungspositionen zu holen, um diesen Kreislauf zu durchbrechen. Gleichzeitig müssen die Großkanzleien die jungen Kolleginnen bereits auf dem Weg in die Salary Partnerschaft entsprechend fördern, damit es überhaupt genug Anwältinnen gibt, die paritätisch in die Equity Partnerschaft und Führungsrollen aufrücken können.
 

Hast Du selbst während Deines Werdegangs (Geschlechter-) Diskriminierung erfahren?

​Nein, Diskriminierung habe ich nicht erfahren. Allerdings fällt mir im Rückblick auf, dass Frauen jedenfalls auf meinem Ausbildungsweg unterrepräsentiert waren. Ich habe erst sehr spät in meiner Ausbildung Frauen in unserer Profession kennengelernt. An der Uni gab es nur Professoren, im Referendariat waren alle Abteilungen und Kammern, in denen ich war, rein männlich besetzt und ich hatte tatsächlich fast nie eine Frau als Ausbilderin. Erst in Alicante im Referendariat bei Hogan Lovells hatte ich eine Equity Partnerin als Mentorin, von der ich sehr viel gelernt habe und die Vorbildcharakter für mich hatte. Und hier bei TW bin ich dann von einer Equity Partnerin eingestellt worden. Mein Weg wurde hier aber auch von Förderern begleitet und es gab natürlich schon immer tolle Kollegen, die auch Frauen auf ihrem Karriereweg unterstützt und gepusht haben.

Mittlerweile sieht die Welt schon etwas anders aus: wir sind hier bei TW im IP ein sehr weiblich geprägtes Team, es gibt zahlreiche weiblich besetzte Kammern inkl. Vorsitzenden Richterinnen und sogar die ein oder andere Professorin, die auch auf Panels eingeladen werden. Die Frauenquote bei Gericht dürfte mittlerweile sogar deutlich besser als in der Anwaltschaft sein. Dies gilt erst recht in den Justiziariaten unserer Mandantschaft, denn dort arbeiten wir viel mit tollen Unternehmensjuristinnen zusammen. Es hat sich seit Beginn meines Studiums 1999 insoweit also schon sichtbar was verändert.

​Was echte Diskriminierung angeht, habe ich zum Glück auch als Beobachterin nichts zu berichten. Aber ich bin auf meinem bisherigen Karriereweg auch einer Teilgesellschaft begegnet, in der Frauen grundsätzlich die Erwartungshaltung entgegengebracht wurde, dass ihr die Karriere nicht so wichtig sei und dass es einer Frau nichts ausmachen dürfte, wenn der Karriereweg länger dauert. Auch heute noch müssen Frauen oft schon sehr stark und hartnäckig einfordern, was sie wollen und ganz klar artikulieren, dass sie Karriere machen wollen, bevor sie für die Übernahme von Führungsrollen in Betracht gezogen werden. Ich habe auch schon häufiger falsch verstandenen Protektionismus gegenüber Frauen gesehen, insbesondere wenn sie Kinder haben, anstatt die Anwältin beispielsweise einfach zu fragen, ob sie die Aufgabe, das Projekt oder die Funktion übernehmen will.

Angenommen es gäbe auch auf Equity Partnerschaftsebene gleich viele Männer und Frauen – wie würde sich das Deiner Meinung nach auf das Kanzleileben auswirken?

Sehr positiv. Ich halte viel von gemischten Teams, in denen die Individualität einer und eines jeden zum gemeinsamen Erfolg beiträgt. Davon abgesehen arbeite ich aber auch einfach sehr gerne mal in weiblichen Teams und höre häufig, dass das vielen Kolleginnen ebenso geht. Die Zusammenarbeit mit Frauen ist extrem produktiv und effizient. Frauen, die in reinen Männerteams arbeiten, wünschen sich auch oft eine andere Frau im Team, um sich auszutauschen. Außerdem haben Frauen insbesondere auch viel Positives und Wertvolles zu einer guten und wertschätzenden Unternehmenskultur beizutragen. Insgesamt trägt ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis daher sicherlich zu einer offeneren produktiveren und wertschätzenden Arbeitsatmosphäre bei.

Welche Juristin hat Dich so inspiriert, dass sie als Vorbild für breaking.through nominiert werden sollte? Wieso?

Ich habe in meiner Karriere viele beeindruckende Juristinnen kennengelernt, von denen ich sehr viel gelernt habe, vor allem hier bei TW. Ein einziges Rolemodel habe ich daher nicht. Ich schaue mir immer einzelne Aspekte, die mich inspirieren und motivieren, bei diesen tollen Frauen ab. Jede hat ihre ganz eigenen Stärken und alle sind unterschiedliche Persönlichkeiten. Ich nenne aber gern ein paar Beispiele, die mich neben einer herausragenden fachlichen Expertise vor allem durch Ihre Stärke und Persönlichkeit als Anwältin oder beispielsweise auch durch ihre hohe Teamführungskompetenz beeindruckt haben: Dr. Verena von Bomhard (bomhard IP), meine Ausbilderin in Alicante und viele inspirierende TW-Kolleginnen, wie z.B. Maja Stadler-Euler, Dr. Dagmar Entholt-Laudien, Dr. Britta Heymann, Karolina Lange-Kuhlmann und Donata Freiin von Enzberg, LL.M.
 

Vielen Dank für das spannende Interview!
 

Hamburg, 1. September 2023. Das Interview führte Dr. Graziana Kastl-Riemann. 

Erschienen in: breaking.through: https://www.breakingthrough.de/portraet-katharina-h-reuer