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Veröffentlicht am 14.02.2018

Entscheidung Athen

Für die meisten Jurastudenten dürfte die Entscheidung, zwei Auslandssemester in Athen verbringen zu wollen, eine ziemlich exotische Wahl darstellen. Gerade dies reizte clavisto-Talent Andreas Betzelt aber. Insbesondere eine nicht allzu verbreitete Sprache zu erlernen und Einblicke in ein Rechtssystem zu bekommen, von dem viele deutsche Juristen keine Vorstellung haben dürften, führten zu seinem Entschluss, für ein Jahr Erasmus-Student an der Universität Athen zu werden.

Sprachkurs auf Kreta
Bevor ich überhaupt nach Athen kam, entschied ich mich, einen sechswöchigen EILC Intensivsprachkurs in Rethymnon, auf Kreta, von Anfang August bis Mitte September 2013 zu absolvieren. Zwar hatte ich in Deutschland einen Griechischsprachkurs absolviert. Dennoch hätte ich keine bessere Entscheidung treffen können. Auch wenn das Programm hart und mit viel Fleiß verbunden war, war es mir Mitte September möglich, mit den Griechen in ihrer eigenen Sprache zu kommunizieren. Eine gute Basis für das weitere Jahr.

Ankunft in AthenAm 19. September 2013 landete ich am Flughafen von Athen. Da meine Eltern in Berlin wohnen, gab es sowohl von Berlin nach Athen als auch von Berlin nach Kreta relativ billige Flüge (Easyjet). Empfehlenswert ist im Frühling und Sommer auch Ryanair, die innerhalb Griechenlands für teilweise zwanzig Euro Flüge anbieten, wenn man längerfristig bucht. Ich habe die ersten vier Nächte bei einem Freund in Athen gewohnt, es gibt jedoch auch sehr günstige Hostels, in denen man sich in den ersten paar Tagen für die Wohnungssuche einquartieren kann.

Wohnungssuche

Die Wohnungssuche in Athen bereitet einem nur insofern Mühe, als dass man die Stadt und Gegenden noch nicht gut kennt. Ich würde empfehlen, einen paar Spaziergänge durch die Innenstadt zu machen, um zu sehen, welche Gebiete einem zusagen, und welche nicht. Möglich ist auch im Voraus zu buchen. Allerdings sind die Wohnungspreise deutlich höher. Die meisten waren jedoch mit diesen Wohnungen zufrieden.
Ich selber habe mich auf Facebook umgeschaut, wo es diverse Gruppen für Erasmusstudierende und Wohnungssuchende in Athen gibt. Dort findet man meiner Erfahrung nach relativ schnell etwas. Bei mir hat es vier Tage gedauert, dann hatte ich ein angenehmes Zimmer in einer Wohngemeinschaft zu dritt in Pangrati, einer sehr angenehmen Wohngegend. Zur Universität Athen waren es zwanzig Minuten zu Fuß. Es ist sehr hilfreich, sich gleich in den ersten Tagen eine Prepaid-Karte für das Telefonieren zu besorgen. Ich selber würde Vodafone empfehlen. Telefonieren und Surfen ist in Griechenland sehr viel billiger und für Studenten gibt es unzählige Ermäßigungen.

Universität

Meine Zeit in Athen fiel in eine sehr schwierige Phase für Griechenland. Wegen Reformen der Troika wurden im öffentlichen Dienst und insbesondere der Universitätsverwaltung viele Leute entlassen. Da die Streikfreudigkeit bei den Hellenen bekanntermaßen deutlich höher ausgeprägt ist als bei uns Deutschen, artete das Ganze in einen zweieinhalbmonatigen Streik der Universitätsangestellten aus. Dementsprechend schwierig waren die ersten zweieinhalb Monate in Athen für mich. Während des Streiks hätte die Universität jeden Tag ihre Tore öffnen können, weswegen ich die Zeit nicht für ein Praktikum oder ähnliches habe nutzen können. Es gelang uns aber, mit einigen Professoren Kontakt aufzunehmen, die ausnahmslos sehr hilfsbereit waren und in ihren Büros Vorlesungen angeboten haben, während die ordentlichen Vorlesungsräumlichkeiten geschlossen waren. Ich habe somit gelernt, in einer fremden Stadt mit fremder Kultur und Sprache und einer schwierigen Situation zurechtzukommen. Ob man es glaubt oder nicht, in dieser Zeit habe ich sehr viel über mich selber gelernt. Generell finden die Vorlesungen für Erasmusstudenten getrennt von den griechischen Vorlesungen statt. Sprache ist meist Englisch, es werden jedoch auch einige deutsche, französische oder italienische Kurse angeboten. Da die griechische Bildungselite mindestens eine, meist mehrere Fremdsprachen sicher beherrscht, ist das Niveau der Veranstaltungen hoch. Am Ende des jeweiligen Semesters finden die Prüfungen statt. Die Professoren sind sehr offen für die Belange der Studenten was die genauen Zeiten der jeweiligen Prüfung betrifft. Meist sind die Prüfungen für das Wintersemester in den ersten Februarwochen und für das Sommersemester Mitte Juni. Die Prüfungen selbst finden entweder als Klausur, mündliche Prüfung oder Präsentation statt. Dies hängt vom belegten Kurs und Professor ab. Da es von der Heimatuniversität abhängt, unter welchen Kriterien man eine Leistung in Deutschland (meistens als Schein) angerechnet bekommt, sollte dies relativ früh sowohl mit der Heimatuniversität, als auch mit den jeweils prüfenden Professoren abgeklärt werden.

Belegte Kurse
Während des ersten Semesters habe ich folgende Kurse belegt:
Introduction in Civil Procedure Law, Public International Law, Maritime Law, Information Technology Law, sowie Competition Law. Im Sommersemester 2014 waren es folgende Kurse:
Introduction to Civil Procedure Law (II) and International Procedure Law, Philosophy of Law, Comparative Family Law, Company Law, sowie Greek Language Course. Für mich war dieses Jahr sehr bereichernd. Ich habe Einblicke in Rechtsgebiete erhalten, die im normalen Jurastudium keine (z.B. Seerecht), aber beispielsweise für die griechische Wirtschaft eine enorme Rolle spielen. Weiterhin war es interessant, einen anderen dogmatischen Ansatz für die Rechtsfindung kennenzulernen. So haben wir in Rechtsphilosophie stark über den starren deutschen Menschenwürdebegriff diskutiert. Dadurch, dass die anderen Kursteilnehmer alle aus unterschiedlichen Rechtssystemen in Europa kamen, ergaben sich äußerst interessante Diskussionen – auch vor und nach den eigentlichen Veranstaltungen – durch die man lernt, als für gegeben erachtete Dinge zu überdenken. Auch die griechische Kultur habe ich besser kennengelernt. Es war sehr interessant in einzelnen Veranstaltungen (beispielsweise Gesellschaftsrecht), zu lernen, welche neuen Regelungen die von der Troika angeordneten Reformen ergeben haben. Da wie in den meisten romanischen Rechtsordnungen die Professoren gleichzeitig praktizierende Rechtsanwälte sind, ergab sich ein viel größerer Praxisbezug als im deutschen Studium. Gleichzeitig musste ich auch lernen, dass gewisse Dinge nicht durch Gesetze und Regelungen erreicht werden können, sondern ein viel tieferes gesellschaftliches Phänomen darstellen.

Leben in Athen

Athen ist eine gewaltige Metropole am Rande Europas. So wie die griechische Kultur teilweise mehr vom orientalischen als vom abendländischen Raum beeinflusst ist, findet man auch in Athen viele Migranten aus dem mittleren Osten und Afrika. Dies sollte auf keinen Fall abschrecken, denn in dieser Stadt zu wohnen, bedeutet auch, das pralle Leben mitzubekommen. Die Metro ist eines der komfortabelsten Fortbewegungsmittel. Sie ist auf ihren drei Linien gut ausgebaut und kommt alle paar Minuten. Bei der Wohnungssuche ist es ratsam, nicht zu weit weg von einer Metrostation zu wohnen.
Busse sind hilfreich, aber selten pünktlich und brauchen lange, um im Verkehrschaos von einem Ort zum anderen zu gelangen. Außerdem sind sie stark überfüllt, einen Sitzplatz bekommt man zu den Hauptverkehrszeiten garantiert nicht. Taxis dagegen gibt es viele. Sie sind sehr, sehr günstig und überall zu finden.
Die Griechen sind sehr offene und freundliche Menschen. Von Deutschenfeindlichkeit ist nichts zu spüren. Manchmal muss man sich einen Spruch über Frau Merkel oder Herrn Schäuble anhören, aber dies ist nie persönlich gemeint und wird meist von einigen Lachern begleitet. Im Gegenteil sprechen viele Griechen selber Deutsch, haben in Deutschland gewohnt oder gearbeitet, oder haben Familie in oder aus Deutschland. Sollte man ein bisschen Griechisch sprechen können, wertschätzen sie dies sehr. Ein einfacher griechischer Satz kann den meisten ein Lachen ins Gesicht zaubern.
Athen liegt sehr zentral in Griechenland. Man ist sehr schnell mit den Fähren auf einer Kykladeninsel und mit dem Zug in sieben Stunden in Thessaloniki.

Die Zeit in Athen war für mich einer der interessantesten und intensivsten Lebensabschnitte. Ich habe neben Jura unglaublich viel über mich selbst gelernt, über die griechische und deutsche Kultur und generell über Europa. Die Freundschaften, die ich hier geschlossen habe, haben mich nicht nur den Griechen näher gebracht, sondern mich von einem kritischen zu einem überzeugten Europäer gemacht. Ich kann jedem nur wärmstens ans Herz legen, den Schritt zu wagen. Ihr werdet es nicht bereuen.