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Veröffentlicht am 19.12.2018

Der Gerechtigkeitsfanatiker

Der Jurist Peter Eigen konnte irgendwann nicht mehr zusehen, wie korrupte Machteliten die arme Bevölkerung ausbeuten und gründete 1993 die NGO Transparency International. Von jungen Juristen wünscht sich der 78-Jährige weniger Fachidiotie und mehr Idealismus.

Als Peter Eigen nach 25 Jahren endlich einen Schlussstrich zieht, sitzt er in der Hitze von Nairobi und sieht mal wieder die Millionen der Weltbank im kenianischen Sumpf der Korruption versickern.

Er plant eine neue Klinik für Aids-Kranke, 1989 ist das – in einer Zeit, in der Bestechung nicht nur in Afrika noch zum guten Ton gehört. Die alte Aids-Klinik im Slum ist längst abgerissen, doch das neue Geld, kommt einfach nicht. Der Direktor des Weltbankbüros in Kenia muss ein halbes Jahr lang dabei zusehen, wie die Dollar irgendwo zwischen den Ministerien verloren gehen.

Eigens Frau ist es schließlich, die ihn zum Umdenken bewegt – oder besser gesagt zwingt.

„Du sitzt mit dem Gesundheitsminister in seinem holzvertäfelten Büro, trinkst Champagner, aber bist nicht in der Lage eine Aids-Klinik im Slum zu bauen“, wirft sie ihm wütend an den Kopf. Jutta Eigen ist Ärztin und soll in der neuen Klinik arbeiten. Während der Jurist noch an systemische Veränderungen glaubt, macht sie Druck auf ihn. Mit Erfolg: Vermutlich ist es seiner verstorbenen Frau Jutta zu verdanken, dass Peter Eigen, Gründer der NGO Transparency International, sein Leben bis heute dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat.

„Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker“, sagt der 78-Jährige heute über sich selbst. Eigen, sonnengebräunte Haut von den immer noch zahlreichen Afrika-Besuchen, weißes Haar, braune Lederweste, hat nichts an Energie verloren. Was ihm nicht passt, sagt er frei heraus, Establishment ist nicht sein Ding. Er könne es eben nicht ertragen, wie durch korrupte Machtstrukturen ganze Bevölkerungsgruppen und Kontinente verarmen.

Eigentlich wollte Peter Eigen Professor werden. „Um Einfluss zu haben, nicht unbedingt der wissenschaftlichen Karriere wegen“, wie er sagt. Er arbeitet gerade an der Georgetown Universität an seiner Habilitation im Wettbewerbsrecht, als das Angebot von der Rechtsabteilung der Weltbank dazwischen kommt.

Die Weltbank ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. 1949 wurde sie gegründet, um den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg voranzutreiben. 1967, als Peter Eigen in der Rechtsabteilung anfängt, steht die Weltbank für den Kampf gegen Armut in Entwicklungsländern. Sie gibt Geld für lokale Projekte, immer gebunden an bestimmte Auflagen für die Empfängerländer.

Ein Beruf wie gemacht für den jungen Juristen mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl. Schon in der Schule hat er sich verprügeln lassen, wenn ihm etwas unfair erschien. Ihn zieht es nach Afrika, nach Lateinamerika, wo die Ärmsten leben. „Wenn Frauen mit 40 Jahren schon aussehen, als wären sie 80 Jahre alt, weil sie büffeln wie Arbeitstiere, dann ist das einfach ungerecht.“

In der Rechtsabteilung der Weltbank betreut Peter Eigen zunächst verschiedene Länder, kümmert sich ums Hypothekenrecht in Costa Rica oder vermittelt zwischen Pakistan und Bangladesch. In Deutschland verhandelt er eine Weile mit den führenden Banken um Darlehen.

Später geht der Jurist mit der Ford Foundation nach Botsuana. In dem kurz zuvor unabhängig gewordenen Staat soll er helfen, eine neue Rechtsordnung aufzubauen. Vor allem im Bergwerksrecht gibt es viel zu tun, denn dort zeigt sich die ungerechte Verteilung zwischen Arm und Reich, Nord und Süd besonders: „Die Risiken haben die afrikanischen Gastländer getragen, die exzessiven Gewinne haben die westlichen Investoren eingesackt.“ Peter Eigen will eine Rechtsordnung schaffen, „die der Bevölkerung nutzt, nicht der lokalen Machtelite, den westlichen Wirtschaftsunternehmen oder den Nachbarstaaten“. Der Jurist engagiert sich zum Beispiel dafür, dass Arbeiter mit ihren Familien in der Nähe eines Bergwerks fruchtbaren Boden zugewiesen bekommen. „Dieser deutsche Weltbänker radikalisiert die Eingeborenen in Botsuana; er spricht nicht für die Weltbank“, schimpfen die amerikanischen Investoren über ihn. Festus Mogae , damals junger Beamter, später Präsident des Binnenstaats, antwortet: „Ja, das wissen wir und deswegen hören wir auf ihn“.

Schnell lernt Eigen, dass politische Überlegungen für seinen Beruf manchmal wichtiger sind, als der technisch juristisch richtige Weg. „Es war immer eine Gratwanderung zwischen der rein technokratischen Arbeit als Jurist und der strategischen Beratung mit Blick auf die Werte und Ziele der ärmeren Staaten“, erklärt er.

Als er ins Management der Weltbank wechselt, kommt Peter Eigen immer mehr mit Korruption in Berührung. Guinea, Peru, Nigeria, überall merkt er, dass lokale Träger immer bestimmte Firmen fördern, obwohl die selten die besten Angebote haben. Bei der Weltbank heißt es damals, Korruption und Bestechung seien eine interne politische Angelegenheit des jeweiligen Landes, da dürfe man sich nicht einmischen. Wirksame Anti-Korruptionsgesetze gibt es noch nicht. Lange akzeptiert Eigen das, doch seine Stimmung kippt. Eines Tages sitzt der Wasserminister eines afrikanischen Landes bei ihm am Tisch und bietet ihm eine Projektfinanzierung an, bei der Bestechungsgeld geflossen ist – Geld, das eigentlich dafür gedacht ist, brüchige Wasserleitungen zu reparieren, um die arme Bevölkerung zu versorgen. Als dann auch noch die Sache mit der Aids-Klinik hinzukommt, reicht es auch Eigen. Er initiiert eine Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe in der Weltbank und hält eine „flammende Rede“ vor den Managern. Der Präsident der Weltbank schickt ihm umgehend ein Memorandum: „Wenn du das machen willst, musst du die Weltbank verlassen“ Also geht Eigen und gründet Transparency International.

Die NGO engagiert sich heute weltweit gegen Korruption und wird unter anderem von der Europäischen Kommission, dem Auswärtigen Amt oder der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert. Jedes Jahr bringt die Organisation den Corruption Perceptions Index hervor, der Länder im weltweiten Korruptionsvergleich rankt.

Peter Eigen ist immer noch in der Welt unterwegs und ist am Ende doch Honorarprofessor an der FU Berlin geworden. Seinen Studenten will er eine idealistische, wertorientierte Motivation mit auf den Weg geben. „Wenn Studenten von Anfang an nur daran denken, wo sie die besten Karrierechancen haben und das große Geld verdienen, finde ich das traurig.“ Viele Juristen sollten endlich mal aus ihrem Fachidioten-Ghetto rauskommen, findet der 78-Jährige. Für ihn sind eine breite interdisziplinäre Ausbildung, praktische Erfahrungen in der Dritten Welt und weniger Technokratie wichtig.

Genau dort, in den Entwicklungsländern, wird Peter Eigen weiter dagegen kämpfen, dass die Mächtigen noch mächtiger und die Armen noch ärmer werden. Korruption ist immer noch ein alltägliches Phänomen in vielen Staaten, am Ziel ist der Jurist noch lange nicht: „Die korrupten Leute schlafen nicht!“