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Veröffentlicht am 20.03.2017

Als hätte jemand auf „Pause“ gedrückt – mein Auslandssemester in Norwegen

Von der Uni Münster nach Norwegen. Im Rahmen des ERASMUS-Programms hat clavisto-Talent Charlotte von Schwerin ein Auslandssemester an der Universität Oslo absolviert. Über diese spannende Zeit berichtet Charlotte in Ihrem Erfahrungsbericht:

Eigentlich wollte ich nie ein Auslandssemester machen. Dass ich es dann doch getan habe, ist mehreren glücklichen Umständen zu verdanken. Allen anderen Gewohnheitsmenschen möchte ich nun aber Mut machen, die gleiche Entscheidung zu treffen. In Oslo habe ich gemerkt, dass Auslandssemester nicht gleich Auslandssemester ist, sondern dass es einfach nur bedeutet, sich ein halbes oder ganzes Jahr -losgelöst von allem Alltäglichen, so schön das auch sein mag- um sich selbst zu kümmern.

Warum Oslo? Das wurde ich sehr oft gefragt, als ich von meinen Plänen berichtet habe. Ich habe mich immer darüber gewundert. Ein Semester in Norwegen zu studieren, dem Land, das laut UNO-Rangliste seit Jahren dasjenige mit der höchsten Lebensqualität der Welt ist, klingt in meinen Ohren schon sehr überzeugend. Eine neue Sprache lernen, endlich wieder einen richtigen Winter erleben, Einblicke in ein fremdes Rechtssystem bekommen, einer pulsierenden Hauptstadt beim Wachsen zusehen- das alles waren vage Vorstellungen, die meine Neugierde auf die Stadt darüber hinaus gesteigert haben.

Und natürlich war es am Ende noch viel mehr als das. Aber fangen wir von vorne an.

Vorbereitung

Nachdem ich die offizielle Zusage der Universität Oslo bekommen hatte, musste ich mich um eine Unterkunft kümmern und eine vorläufige Kurswahl treffen- beides war dank der extrem übersichtlichen Internetseiten sowohl der Universität als auch der „student welfare organisation“ SiO, über die eigentlich alle Aspekte des studentischen Alltagslebens geregelt werden (Wohnheime, Fitnessstudios, Cafeterien, medizinische Versorgung), sehr unkompliziert. Auf der Homepage der Uni fanden sich schon Monate im Voraus detaillierte Beschreibungen der Kurse inklusive Kurszeiten, sodass sich zeitliche Überschneidungen von vornherein vermeiden lassen. Eine Änderung der Kurswahl vor Ort ist aber ebenfalls unproblematisch. Ein Wohnheimplatz in einem der verschiedenen Wohnheime wird Austauschstudenten von der Uni zugesichert; die Zimmervergabe erfolgt einheitlich über die oben genannte Organisation. Ich habe mich für die beiden Wohnheime beworben, in denen laut Erfahrungsberichten die meisten Austauschstudenten wohnen, und bin letztendlich im Wohnheim Sogn (das eigentlich ein eigenes Dorf ist) gelandet. Bei der Schlüsselübergabe ist es dann möglich, Wünsche bezüglich der Anzahl der Mitbewohner und des Gebäudes zu äußern. Ich habe mit drei anderen Austauschstudenten in einer renovierten Wohnung zusammengewohnt, was in meinen Augen nur unerheblich teurer war als andere, sehr viel unkomfortablere Zimmer.

Universität

Zwei Wochen vor Beginn des Semesters gab es eine sogenannte „Buddy Week“, in der die Austauschstudenten (allein an der juristischen Fakultät waren es 160) auf verschiedene Gruppen aufgeteilt wurden, in denen dann einheimische Studenten verschiedene Programmpunkte vorbereitet hatten. Auch wenn ich die Leute, mit denen ich hinterher am meisten Zeit verbracht habe, erst später kennengelernt habe, war die Woche unterhaltsam und sinnvoll, um erste Kontakte zu knüpfen und die Stadt kennenzulernen. Die norwegischen „Buddys“ waren außerdem sehr hilfsbereit und auch im weiteren Verlauf des Semesters immer ansprechbar.

Die Universität Oslo ist stark international ausgerichtet und das Kursangebot umfasst vielseitige englischsprachige Veranstaltungen. Besonders renommiert und gut aufgestellt ist die Uni im Bereich Kriminologie. Ich habe mich aber aufgrund meines internationalen Schwerpunkts für die Kurse „Comparative Private Law“, „International Human Rights Law“, „English Law of Contract“ und „International Humanitarian Law“ entschieden. Das Niveau ist von Kurs zu Kurs unterschiedlich, im Durchschnitt fand ich die Anforderungen mit denen in Deutschland vergleichbar. Mir fiel es allerdings zu Beginn etwas schwer, mich an die Vorlesungsstruktur zu gewöhnen – der Fokus lag eindeutig auf dem Selbststudium durch das Lesen von oft mehreren hundert Seiten aus verschiedensten Büchern; die Vorlesungen dienten mehr dazu, einzelne Inhalte zu vertiefen. Auch die Klausuren unterschieden sich deutlich von denen in Münster: Zum einen gab es mehrere „Take Home Exams“, zum anderen vierstündige Klausuren, die an von der Uni gestellten PCs geschrieben wurden. Diese Umstellungen stellten die größten Schwierigkeiten für mich dar; inhaltlich waren die Kurse alle interessant und abwechslungsreich und die Notenvergabe erfolgte absolut fair.

Die Universität bietet außerdem kostenlose Norwegisch-Kurse in unterschiedlicher Intensität an. Ich habe den 60-stündigen Einsteigerkurs gewählt, der sich auf zehn Wochen à sechs Stunden verteilte. Die norwegische Sprache ist für Deutsche, zumindest in ihren Grundzügen, verhältnismäßig einfach zu lernen – „flotte norske gummistövler“ lässt sich auch ohne weitere Sprachkenntnisse als „schicke norwegische Gummistiefel“ übersetzen. Dementsprechend war das Tempo im Sprachkurs aber auch sehr langsam, da es Studenten aus anderen Ländern natürlich schwerer fiel, sich in der Sprache zurechtzufinden.

Leben in Oslo

Bevor ich nach Oslo gegangen bin, hat eine Freundin behauptet, das Leben in Oslo sei wie das Leben in Deutschland, nur viel schöner. Damit hatte sie irgendwo recht. Dass man den Menschen nachsagt, sie seien eher verschlossen, hat sich für mich nicht bestätigt, was aber vielleicht daran liegt, dass man in Deutschland eine ähnliche Mentalität findet (die sich z.B. darin äußert, dass es in öffentlichen Verkehrsmitteln eher ruhig ist und die Menschen nicht von sich aus auf Fremde zukommen). Hat man eine Frage, wird sie aber doch stets freundlich beantwortet – und zwar in perfektem Englisch. Insgesamt ist mir stark aufgefallen, dass in der Hauptstadt verhältnismäßig wenige Menschen leben: Am Flughafen, in den Bahnen und in der Stadt war es nie unangenehm überfüllt. Allenfalls gegen 16 Uhr, wenn die meisten Berufstätigen den Stift fallen lassen, fand man in der Bahn mal keinen Sitzplatz – denn dann fahren alle schnell nach Hause, um ihre Familien einzupacken und an die frische Luft zu gehen Die Naturverbundenheit und Sportvernarrtheit der Norweger scheint nahezu grenzenlos zu sein: Langlauf (auch in der Sommer-Version auf Rollskiern), Schwimmen, Joggen, Camping und Wandern gehört für die meisten Norweger (und zwar von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter) zum Alltag dazu. In unmittelbarer Nähe des Wohnheims liegt ein (wunderschöner) See namens Sognsvann, an dem man all das hervorragend beobachten kann. Die Kinder planschen im Sommer sorglos im 15 Grad kalten See, während wir Erasmusstudenten nach zwei Minuten aufgegeben haben, und im Winter werden auf dem gefrorenen See die Schlittschuhe ausgepackt; Zehnjährige überrunden einen beim Joggen um den See; Lagerfeuer gibt es zu jeder Tageszeit. Der See hat sich so zu einem meiner liebsten Orte entwickelt und lohnt (mehr als) einen Besuch!

Unter der Woche war ich fast jeden Tag in der Uni. Nach den Vorlesungen, die an sich nicht viel Zeit einnahmen, bin ich meist noch in der Stadt geblieben (die juristische Fakultät befindet sich am Ende der Karl Johans Gate, der großen Einkaufsstraße zwischen Hauptbahnhof und dem königlichen Schloss, und somit sehr zentral). Als die Klausuren näher rückten, habe ich oft in Cafés gesessen und gelernt (sehr zu empfehlen für guten Kaffee und eine produktive Atmosphäre ist das Mesh, das fünf Minuten von der Uni entfernt liegt) und später auch in der juristischen Bibliothek, die zwar klein, aber sehr schön ist.

Freizeitaktivitäten gibt es natürlich unzählige. Wer dem geschäftigen Leben in der Stadt mal entkommen will, kann vom Hafen aus, den man von der juristischen Fakultät zu Fuß in zehn Minuten erreicht, mit der Fähre auf eine der benachbarten Inseln fahren. Im Sommer kann man dort schwimmen (der Fjord ist wärmer als die Seen), im Herbst findet man hier die unglaublichsten Farben und auch im Winter lohnt sich die Fahrt für einen Spaziergang mit unglaublich schönem Blick auf den Fjord. Empfehlenswert ist es auch, einmal auf der Fähre zu bleiben und eine Rundfahrt zu machen. Die Fähren sind im normalen Ticket für öffentliche Verkehrsmittel enthalten (für Studenten ca. 50 € im Monat). Auch der schon erwähnte See bietet die Möglichkeit, unweit der Stadt die einzigartige Natur des Landes zu genießen.

Insel im Oslofjord

Für Kunstliebhaber bietet Oslo vielerlei Museen; donnerstags ist der Eintritt in staatliche Museen frei. Besonders gefallen haben mir das Friedensnobelpreis-Museum am Hafen (hier sollte man Zeit mitbringen) und das Kon-Tiki-Museum auf der Halbinsel Bygdøy, das sich mit mehreren Expeditionen des norwegischen Abenteurers Thor Heyerdahl auseinandersetzt.

Oslo ist eine unglaublich teure Stadt, das dürfte jedem bekannt und muss jedem wirklich bewusst sein, der dort ein Auslandssemester machen möchte. Anfangs hat es mich natürlich trotzdem schockiert und ich habe mich zwei Tage von Haferflocken mit Milch und Knäckebrot mit Käse ernährt, bis ich mich an die Preise gewöhnt hatte. Grundnahrungsmittel sind dabei gar nicht mal viel teurer als in Deutschland. Für Obst und Gemüse empfiehlt es sich, in das Einwandererviertel Grønland zu fahren und dort einzukaufen- die Preise sind unschlagbar günstig, sogar günstiger als in Deutschland. Ein günstiges Hauptgericht im Restaurant liegt bei 15 €, ein Bier in der Kneipe bei 7-12€. Auch im Supermarkt bekommt man Bier, allerdings unter der Woche nur bis 20 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr. Wein und Spirituosen werden nur in einem speziellen staatlichen Laden, dem Vinmonopolet, verkauft (sehr günstiger Wein liegt bei 8 €). Es lohnt sich daher, Alkohol am Flughafen zu kaufen oder Gastgeschenke anzufordern. Ein typisches Erasmus-Party-Semester wird man in Oslo aufgrund der hohen Preise und der unter der Woche doch recht schlechten Verkehrsanbindung eher nicht erleben. Trotzdem gibt es natürlich die ein oder andere Party im Wohnheim und am Wochenende fahren Nachtbusse. Der Einlass in Clubs ist oft auf 23 Jahre und älter beschränkt, wobei teilweise die Möglichkeit besteht, sich per E-Mail auf die Gästeliste setzen zu lassen. Einen Besuch wert sind – für Liebhaber elektronischer Musik – die Clubs The Villa, das Jaeger (donnerstags kostenlos) oder Dattera til Hagen. Sonntags gibt es im Club Blå kostenlose Jazzkonzerte. Auch sonst finden häufig kleinere und größere Konzerte statt, teilweise für kleines Geld. Hier empfiehlt es sich, regelmäßig die Facebook-Seiten der verschiedenen Veranstalter zu besuchen (z.B. Kulturhuset, Parkteatret, Sentrum Scene, Spektrum u. v. m.). Das Viertel Grünerløkka bietet viele günstigere Restaurants und gemütliche Cafés, einige Geschäfte und kleine Parks- hier findet sich immer etwas zu tun. Im Viertel Majorstuen gibt es größere Einkaufsstraßen, imposante Gebäude, den Vigeland-Skulpturenpark. Mit der Bahn kann man zu der berühmten Skisprungschanze auf den Holmenkollen fahren oder zum Ekebergparken, einem Park mit grandioser Aussicht über die Stadt. Immer einen Besuch wert ist außerdem die Osloer Oper, mit der sich die Stadt ein wirklich spektakuläres Wahrzeichen geschaffen hat. Für Sportbegeisterte gibt es die Möglichkeit, bei verschiedenen Uni-Teams mitzuspielen oder sich für wenig Geld im Fitnessstudio anzumelden (als Student der UiO ca. 20 € pro Monat).

Dies sind wirklich nur einige wenige Aspekte, die das Leben in Oslo so bunt und vielseitig machen. Trotz der hohen Preise kann man hier viel Spaß haben und für jede Laune die passende Aktivität finden.

Ausflüge

Es gibt einige typische Ziele, an die es die meisten Erasmus-Studenten im Laufe des Semesters verschlägt. Stavanger, Bergen, Trolltunga, Lofoten sind nur wenige Stichworte. Da sollte sich jeder selbst informieren und entscheiden, was das Richtige für einen ist. Obwohl ich kein großer Wanderer bin, habe ich mit drei Freundinnen ein Auto gemietet, mit dem wir acht Stunden nach Stavanger gefahren sind. Schon auf der Fahrt konnte ich nicht glauben, zu welchen Wundern Mutter Natur in der Lage ist. Die Wanderung zum Preikestolen war auch für mich gut machbar und die Aussicht ist einfach unfassbar. Die Stadt selbst ist ebenfalls einen Besuch wert.

Am Ende werden sich die verschiedenen Ziele innerhalb Norwegens alle lohnen und ich werde mit Sicherheit zurückkommen, um noch einiges mehr zu entdecken. In meinem Auslandssemester ging es mir aber auch darum, in Oslo anzukommen und die Stadt ein zweites Zuhause werden zu lassen, deshalb bin ich nicht (wie einige andere) jedes Wochenende weggefahren. Trotzdem habe ich z.B. günstige Flüge nach Riga und Tallinn gefunden und dort mit Freunden zwei großartige Wochenenden verbracht. Aber auch unweit von Oslo findet man Ausflugsziele, die sich lohnen: Nach einer einstündigen Busfahrt erreicht man z. B. den kleinen Ort Drøbak, der unmittelbar am Fjord liegt und in dem man ein authentisches Bild vom norwegischen Leben abseits der Großstadt bekommt.

Fazit

Der Literaturnobelpreisträger Knut Hamsun beschrieb Oslo schon im Jahr 1890 als eine „merkwürdige Stadt, die niemand verlässt, bevor er nicht von ihr gezeichnet wurde“. Auch, wenn diese Aussage etwas pathetisch klingt, trifft es gerade auf ein Auslandssemester in der norwegischen Hauptstadt mit Sicherheit zu. Das Nebeneinander von pulsierendem Hauptstadtleben, Modernität und großartigem Stil auf der einen und der Weitläufigkeit des Landes, der Unberührtheit der Natur und dem Respekt davor auf der anderen Seite hat mich tief beeindruckt. Ein Semester in Oslo zu verbringen ist eine ganz besondere Erfahrung, wenn man sich auf die Stadt einlässt und kein typisches Erasmus-Semester erwartet. Für mich ist Oslo in der Zeit zu einem Zuhause geworden und wenn ich jetzt daran zurückdenke, kommt es mir vor, als hätte im August 2016 jemand auf „Pause“ gedrückt- ein Spielstopp, der nur guttun kann.