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Veröffentlicht am 19.11.2018

Diplomatisches Gespür im Außenwirtschaftsrecht

Interview mit Anahita Thoms, Partnerin der Praxisgruppe Öffentliches Wirtschaftsrecht bei Baker McKenzie Düsseldorf und Brüssel

Frau Thoms, Sie leiten die Außenwirtschaftspraxis von Baker McKenzie Deutschland. Wie muss man sich Ihre Arbeit vorstellen?
Extrem vielseitig und dynamisch: Sei es, dass ich ein Unternehmen weltweit bei internen und externen Untersuchungen berate, für einen Mandanten ein Compliance-Programm aufsetze oder die Mitarbeiter des Mandanten in Sachen Compliance schule. Daneben schreibe ich zum Beispiel Rechtsgutachten und führe Conference Calls sowie Ad-hoc-Telefonate mit Mandanten. Oft bin ich auch bei Mandanten im Ausland vor Ort, gerade wieder etwa auf einer Roadshow in Japan.

Der Begriff Compliance ist in aller Munde. Was bedeutet das Thema für Sie?
Ich habe schon sehr früh ein Interesse an Compliance- Fragen entwickelt. Ich sehe darin ein Feld, in dem wir als Anwälte Unternehmen helfen können, ökonomisch sinnvoll zu agieren und gleichzeitig im Einklang mit dem Gesetz zu sein. Verstoßen Unternehmen gegen das Gesetz, drohen ihnen mitunter hohe Geldbußen, die sogar ihre Existenz bedrohen können. Das Thema ist hochpolitisch und in den letzten Jahren zu einem „Dauerbrenner“ geworden. In unserer Beratungspraxis bewegen wir uns in Sachen Compliance daher nicht nur in einem rechtlichen, sondern auch in einem politischen Umfeld. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass die einschlägige Wirtschaftspresse über Compliance berichtet. Diese Entwicklungen zu verfolgen, Firmen bei einer werteorientierten Unternehmensführung zu unterstützen und ihnen Wege aufzuzeigen, sich regelkonform zu verhalten, finde ich extrem spannend.

Wo sehen Sie die Zukunft von Compliance?
Auch in Zukunft wird Compliance für Unternehmen ein ganz zentrales Thema sein – gerade auch im Hinblick auf die Digitalisierung. Cyberangriffe und Datendiebstahl sind nur zwei Beispiele, die zeigen, dass im Zeit - alter „Industrie 4.0“ Unternehmen gefordert sind, ihre Sicherheitssysteme und Prozesse zu überdenken. Die wachsen de Digitalisierung wird auch dazu führen, dass herkömmliche Compliance-Systeme nicht mehr ausreichen werden, unter anderem wegen der rasant wachsenden Datenmengen.

Was sind die Highlights in Ihrer Beratungspraxis?
Das sind die Fälle, in denen das „Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, also wenn es Anhalts punkte gibt, dass es einen Rechts verstoß gibt. Dann findet eine Außenprüfung statt. Ich komme als Anwältin während interner Sonderermittlungen ins Spiel, sog. Internal Investigations, die dazu dienen, die Vorwürfe gegen das Unternehmen aufzuklären. Diese Internal Investigations laufen unabhängig von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Ich arbeite mich detailliert in die Prozesse des Unternehmens ein. Wer trifft im Unternehmen die Entscheidungen? Wer setzt sie um? Es ist wichtig, hierfür ein Gespür zu haben und die einzelnen Prozessschritte zu verstehen, um dem Mandanten die richtigen Empfehlungen geben zu können. Im Anschluss geht es darum, ein Compliance-Programm aufzusetzen oder das bestehende Programm zu überarbeiten.

Welches sind die Erfolgsfaktoren, damit eine Internal Investigation ein Erfolg wird?
Vom Technischen her ist entscheidend, dass die interne Ermittlung strukturiert verläuft und die Dokumentation keine Lücken hat. Eine Internal Investigation erfordert aber neben den reinen formalen Abläufen viel mehr: Es ist eine sehr belastende Zeit für das Unternehmen. Meine Aufgabe als rechtliche Beraterin sehe ich auch darin, das Vertrauen der Unternehmensleitung und der Mitarbeiter zu gewinnen, Ruhe in die Situation zu bringen und den Druck herauszunehmen, der auf den Unternehmenslenkern lastet. Entscheidend ist eine lösungsorientierte Herangehensweise und das Signal, dass beide Seiten - Unternehmen und Anwalt – an einem Strang ziehen müssen, damit die Internal Investigation erfolgreich verläuft.

Wo sehen Sie derzeit Ihre größte Herausforderung?
Ganz klar darin, unsere Außenwirtschaftsrechtspraxis weiter auszubauen. Unser Team wächst und ich habe eine Vision, wo die Reise hingehen soll und nun geht es darum, diese Vision umzusetzen, in hoher Qualität. Das erfordert Zeit – und ist gleichzeitig sehr reizvoll. Dass ich abwechselnd in unseren Büros in Düsseldorf und Brüssel arbeite, bringt eine zusätzliche Dynamik mit in meine Arbeit.

Wie schaffen Sie den Spagat, in zwei Büros – Düsseldorf und Brüssel – zu arbeiten?
Das Zauberwort heißt Organisation (lacht). Ich plane tatsächlich sehr vorausschauend und lege mir alle Termine, die in der jeweiligen Region oder im Büro mit Mandanten und dem Team anstehen, auf einen Tag. Es gibt für mich keine festen Tage, an denen ich in einem der beiden Büros sein muss. Meine Arbeit ist daher sehr flexibel und diese Flexibilität schätze ich sehr. Umso mehr genieße ich die Wochenenden und meine Urlaube, die für mich “Family Time“ sind und die ich mit meinem Mann und meinen beiden Kindern verbringe.

Sie sind Mutter von zwei kleinen Kindern. Wie bringen Sie Ihre Arbeit in zwei Metropolen und die Familie unter einen Hut?

Mit einem extrem guten Netzwerk: Ich habe das große Glück, dass meine Eltern und meine Schwiegereltern, die in Düsseldorf leben, auf die Kinder sehr gerne und liebevoll aufpassen. Zusätzlich haben wir eine Nanny, die bei uns wohnt.

Sie arbeiten auf internationalem Parkett und waren vor Ihrem Einstieg bei Baker bereits vier Jahre in einer Großkanzlei in New York tätig. Ihre wichtigste Erfahrung während dieser Zeit?

Die Anwaltswelt in New York ist noch schnelllebiger als in Deutschland und Europa. Für US-Mandanten sind teilweise andere Dinge wichtig, als wir sie aus unserem Mandatsgeschäft in Deutschland kennen. Ein Beispiel: Schriftsätze können nicht kurz genug sein. Was bei uns zum Teil mehrere Seiten einnimmt, verpacken New Yorker Anwälte in wenigen Bulletpoints. Man lernt sehr schnell die „Spielregeln“ dieser Welt und die Art, mit einem anderen Blickwinkel an Dinge heranzugehen. Das hat mich sehr bereichert – auch für meine Arbeit in Europa.

Sie engagieren sich sozial, sind Gründungsmitglied der Initiative “United Against Modern Slavery“ und vertreten regelmäßig Opfer von Menschenrechtsverletzungen. Was war der Impuls für Ihr Engagement?

Für mich ist Pro Bono Arbeit enorm wichtig, und ich engagiere mich seit mehreren Jahren im Rahmen der Initiative “United Against Modern Slavery“. Als Anwältin ist es mir möglich, Menschen, die sozial benachteiligt und auf Hilfe angewiesen sind, zu unterstützen. Mehr als 40 Millionen Menschen sind weltweit Opfer moderner Sklaverei. Politische Gefangenschaft, Menschenhandel, Kinderarbeit, Rekrutierung von Kindersoldaten sind Beispiele moderner Sklaverei. Berührungsängste verhindern mitunter, dass man sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Doch gerade auf diesem Gebiet ist Unterstützung dringend nötig, gerade von uns Anwälten, die hier viel bewirken können. Die Menschen, die Opfer moderner Sklaverei geworden sind, rechtlich zu betreuen, ist eine Facette meiner Pro Bono Arbeit. Die andere ist, dass ich Unternehmen berate, wie sie ihre Supply Chain so gestalten können, dass sie sozial nachhaltig ist – ohne Sklaven, sondern mit fairen Arbeits bedingungen und fairen Löhnen. Wenn Unternehmen Standards schaffen, tragen sie ihren Teil dazu bei, moderne Sklaverei zu reduzieren.

Wenn Sie keine Anwältin geworden wären, welchen Weg hätten Sie dann eingeschlagen?
Ich hatte schon immer ein Faible für außenwirtschaftliche und außenpolitische Themen. Politisches Engagement oder Diplomatin – diese Wege hätte ich mir auch gut vorstellen können.

Welche Tipps haben Sie für die “Next Generation“ von Juristen?
Lest mehr als eine Zeitung und haltet Augen und Ohren offen. Ich selbst informiere mich seit meiner Studienzeit täglich über nationale und auch internationale Zeitungen wie die New York Times. So erhaltet Ihr einen hervorragenden Überblick über das Wirtschaftsgeschehen und die politischen Zusammenhänge. Das hilft Euch, rechtliche Themen in einen übergreifenden Kontext einzuordnen. Mein zweiter Tipp: Geht unbedingt ins Ausland und öffnet Euch für andere Kulturen und Rechtskulturen. Ihr gewinnt eine neue Perspektive auf Dinge, die Ihr zu Hause nie bekommen würdet. Und: Zeigt Leidenschaft für das, was Ihr tut, und arbeitet ausdauernd und präzise. Manche Dinge erscheinen auf den ersten Blick vielleicht nicht so reizvoll, um sie weiterzuverfolgen. Doch sie können viel „cooler“ sein, als Ihr anfangs angenommen habt. Bleibt also dran, eure Hartnäckigkeit wird sich auszahlen.

Frau Thoms, vielen Dank für dieses Gespräch.